Herausforderungen für die deutsche Bekleidungsindustrie
Die Unternehmen der deutschen Bekleidungsindustrie haben in den vergangenen vier Jahrzehnten einen umfassenden und tief greifenden Strukturwandel durchlaufen. Die Erkenntnis, dass der Produktionsstandort Deutschland für die arbeitsintensive Bekleidungsindustrie nicht wettbewerbsfähig ist, führte zu Internationalisierungsstrategien im Kontext mit dem Aufbau von Produktions- oder Beschaffungsnetzwerken, um die nötige Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Insbesondere die innovativen Branchenführer haben rechtzeitig begonnen, ihre Unternehmensorganisation an die veränderten Herausforderungen anzupassen und Kernkompetenzen auf die kreativen und dispositiven Tätigkeiten wie Entwicklung, Logistik und Marketing zu konzentrieren. Infolgedessen fungiert ein Großteil der in Deutschland verbliebenen Unternehmen als Systemkopf internationaler Netzwerke, dem die Steuerung bzw. die Governance der Aktivitäten im Netzwerk obliegt.
Mit dem zunehmend differenzierten Bedarf der Konsumenten an Modeartikeln ging ein verändertes Qualitätsbewusstsein einher, wodurch neben dem Preis die Qualität der Produkte zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor avancierte. Dabei ist die bislang übliche Konzentration auf die Produktqualität einem komplexeren Qualitätsverständnis gewichen, das neben der Produktqualität i. e. S. auch Aspekte wie Sicherheit, Zuverlässigkeit, Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz beinhaltet. Dies macht eine schnittstellenübergreifende Optimierung aller Wertschöpfungsprozesse unter Qualitätsgesichtspunkten erforderlich, um das Qualitätsrisiko für das steuernde Unternehmen beherrschbar zu machen. Hierzu bieten sich zwei zentrale Governance-Mechanismen an: die Kontrolle und das Vertrauen.
An diesen beiden Entwicklungen knüpft die vorliegende Arbeit, welche in 2009 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster als Dissertation angenommen wurde, an und geht im Wesentlichen der folgenden Fragestellung nach: "Wie setzt das fokale Unternehmen im bekleidungswirtschaftlichen Netzwerk angesichts der sich stellenden Herausforderungen die Governance-Instrumente der Kontrolle und des Vertrauens ein, um die angestrebten Qualitätsziele zu erreichen?" (S. 5)
Die Publikation gliedert sich in vier Hauptabschnitte: Teil A umfasst neben der methodologischen Einordnung der Studie (hier: Rückgriff auf die Methodik der Fallstudienforschung) und der Ableitung des Forschungsdesigns vor allem eine strukturationstheoretische Fundierung der zentralen Problemstellung. Im Mittelpunkt stehen die wesentlichen Elemente dieser - die Strukturen und das Handeln abbildenden - sozialwissenschaftlichen Metatheorie, die Analyse ihrer Übertragbarkeit auf die vorliegende Problemstellung und die Ableitung des konzeptionellen Analyserahmens (hier: das Stratifikationsmodell des Handelns). Dieser Analyserahmen wird im Teil B einer inhaltlichen Konkretisierung unterzogen. Anfangs werden die Handlungsbedingungen, welche durch die Spezifika der Bekleidungsindustrie und die Organisationsform der strategischen Netzwerke dieser Branche bestimmt werden, untersucht. Danach folgt die Analyse der Anforderungen, welche sich mit den wesentlichen Dimensionen des textilen Qualitätsbegriffs befasst. Die abschließende Darstellung der Governance-Ebene umfasst vor allem die Thematisierung von Vertrauen und Kontrolle als zentrale Governance-Mechanismen. In diesem Zusammenhang macht die Autorin deutlich, dass die Steuerbarkeit von Netzwerken grundsätzlich begrenzt ist und keine der beiden Governance-Mechanismen allein die erforderliche Steuerungsleistung vollbringen kann. Teil C versteht sich als praxisorientierte und interpretative Komponente der Arbeit und beinhaltet die Übertragung des konzeptionellen Analyserahmens und seiner Implikationen auf das Unternehmen C&A. Das Handelsunternehmen am Ende der textilen Kette fordert von den Lieferanten und Produzenten der Textilprodukte neben der einwandfreien Produktqualität eine zuverlässige Belieferung, kompetente Zusammenarbeit, einen fairen Preis und einen verbindlichen bzw. nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Governance und der daraus resultierenden Handlungsfolgen stellt Ortwein u. a. fest, dass es C&A durch ein umfassendes Kontrollsystem gelingt, sowohl den als relevant erachteten Qualitätsdimensionen zu entsprechen als auch eine weitestgehende wertschöpfungsprozessübergreifende Gültigkeit zu gewährleisten. Des Weiteren ist offenkundig, dass wegen des umfassenden Kontrollsystems dem Mechanismus des Vertrauens eine eher nur untergeordnete Rolle zukommt. Im abschließenden Teil D werden die wesentlichen Ergebnisse der theoretischen und der interpretativen Analyse zusammengeführt und einer kritischen Analyse ihrer Restriktionen unterzogen, bevor schließlich der Ausblick auf weitere Forschungsnotwendigkeiten folgt.
Diese Publikation ist als Band 245 der Schriftenreihe innovative betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis erschienen und wendet sich damit in erster Linie an die betriebswirtschaftliche Wissenschaft. Wer immer sich mit Forschungsfragen zu organisationalen wie auch interorganisationalen Themen, einschließlich Fragestellungen zu Netzwerken, befassen will, findet in der von der Autorin zugrundegelegten Strukturationstheorie einen interessanten Ansatz, dem in den letzten Jahren zunehmende Aufmerksamkeit geschenkt wird. In diesem Kontext sind u. a. der in der vorliegenden Arbeit zusammengestellte Überblick über jüngere Studien zur strukturationstheoretischen Betrachtung von Organisationen sowie das bestechende Forschungskonzept und -design dieser Dissertation von besonderem Interesse.
Darüber hinaus kann diese Arbeit auch für Studenten und Praktiker durchaus von Interesse sein. Mit den fallbezogenen Folgerungen zur Verortung des Verhältnisses zwischen Vertrauen und Kontrolle im Zuge der Steuerung strategischer Netzwerke liefert diese Studie von Ortwein, derzeit Assistant Manager im Bereich Risc Consulting der KPMG AG, fortgeschrittenen Studenten der Betriebswirtschaftslehre bzw. Studierenden benachbarter Disziplinen interessante Erkenntnisse zur Steuerung von Netzwerken. Ferner kann diese Publikation auch Praktikern aus Unternehmungen mit einer ausgeprägten Internationalität, welche mit einer hohen Anzahl von Netzwerkakteuren zusammenarbeiten, wertvolle Einsichten zum Beziehungszusammenhang zwischen den beiden Governance-Mechanismen Kontrolle und Vertrauen bieten.
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