Wo der Berg ruft, sonst aber viel geschwiegen wird
Ostern vor 270 Jahren beschlossen die Stadträte in Erlangen, den traditionellen Pfingstmarkt von der Altstadt auf den Burgberg zu verlegen. Damit war die Bergkirchweih geboren. Heute ist es das älteste Bierfest der Welt. Jedes Jahr zur Pfingstzeit heißt es in Mittelfrankens drittgrößter Stadt: "Der Berg ruft!" Dann klettern die Erlanger auf einen Hügel, um sich dort bei Bier, Brezen und Bratwürsten zu vergnügen. Zehn Tage lang, denn inzwischen scheinen die Einheimischen ihren Berg und das Fest mindestens ebenso lieb zu haben wie die Universität, die es sogar schon seit 282 Jahren gibt und noch mehr Geld in städtische Kassen spült als die Kirchweih.
Mittelfrankens zweitgrößte Stadt heißt Fürth. Die Stadt ist unterschätzt, nicht nur im Rest der Republik Bundesdeutschland, sondern auch in Mittelfranken selber. Das liegt an der schier übermächtigen Präsenz der größten Stadt Mittelfrankens, der jedoch hier nicht so viel Platz eingeräumt und womit den Fürthern vielleicht ein großer Gefallen erwiesen wird. Nur eine Bemerkung noch: Ein Fußballverein, der bereits dreimal Deutscher Meister wurde, dürfte im traditionsbewussten deutschen Vereinsfußball eigentlich kein Schattendasein führen. Tut die Spielvereinigung Fürth aber! Und das nur, weil ein benachbarter Club bereits neun Meistertitel gesammelt hat, freilich auch ebenso viele Abstiege aus der Bundesliga. (Die gute Nachricht für alle Clubberer: Ein erneuter Bundesligaabstieg ist nicht in Sicht, da die Mannschaft gefühlt schon ewig in der Zweiten Liga spielt).
Zurück zu Fürth. Die Stadt ist der Geburtsort gleich mehrerer Berühmtheiten: des Schriftstellers Jakob Wassermann, des Elektronikingenieurs Max Grundig und des zweiten bundesrepublikanischen Kanzlers Ludwig Erhard. Ein weiterer nicht ganz unbekannt gebliebener Bürger der Stadt kam am 27. Mai 1913 zur Welt, ein Jahr bevor die Spielvereinigung ihre erste deutsche Meisterschaft feierte. Vermutlich deshalb war Heinz Kissinger zeitlebens Fan des Vereins. Nachdem die Kissingers im August 1938 ihre Heimat verlassen hatten – auch drei Monate vor der Pogromnacht war das Leben in Deutschland für Juden bereits unerträglich geworden – und so ihrer Ermordung entgingen, änderte Heinz den Vornamen in Henry. Später legte er als Henry Kissinger eine politische Karriere hin, die ihn an die Spitze des State Department der Vereinigten Staaten, nun ja, führte.
Von den Städten zur Landschaft: Die wohl berühmteste in Franken hat einen eigentümlichen Beinamen, der gar nicht zum allgemein üblichen fränkischen Understatement (Ausnahme: die gerne ‚Frankenmetropole‘ genannte größte Stadt Mittelfrankens) passen will. Noch hatte oben angeführter Napoleon die Grenze zum östlichen Nachbarland nicht überschritten, als in deutschen Ländern ganz unmilitärisch, dafür fremdenverkehrsfördernd die Schweizen aus der Taufe gehoben wurden; zuerst in Sachsen. Mittlerweile gibt es, laut Schweizer Tourismusverband, 67 Schweizen in Deutschland und eine in Luxemburg.
Die Erfindung der Fränkischen wurde von der Kreation der Sächsischen Schweiz inspiriert. Auch um Muggendorf und Streitberg, Tüchersfeld und Pottenstein herum gab es bizarre Felsformationen in malerischer Kulisse. Joseph Hellers Band Muggendorf und seine Umgebung oder Beschreibung der sogenannten Fränkischen Schweiz machte sie berühmt und löste, nein, keinen Catch 22, sondern einen Reiseboom aus. Hatten bislang nur einzelne Maler die Reize der Region entdeckt, folgten bald Schriftsteller, Wanderer und Bergsteiger. Die Romantiker Ludwig Tieck und Wilhelm Heinrich Wackenroder etwa ließen sich in ihren Briefen ausgiebig über die Naturschönheiten aus.
Franken hat aber noch mehr zu bieten als einen Berg, eine Schweiz, eine unterschätzte Großstadt und eine Metropole, die erst nach dem Reichsdeputationshauptschluss Napoleons anno 1803 zu Bayern kam (davor war sie als freie Reichsstadt gewissermaßen exterritorial). Am besten, man begreift Ewald Arenz‘ Gebrauchsanweisung für Franken als Aufforderung und investiert fünfzehn davon (wahlweise auch sechzehn Euro) in das ausgezeichnete Reisebuch des Autors, der übrigens aus Fürth stammt und ganz vielleicht auch nichts dagegen hat, dass Frankens Metropolle in dieser Besprechung nicht so viel Erwähnung findet.

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