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Fritz the Cat

Ein unflätiger Kater

"Tja, Johnny, ich muss sagen, ich kann die Unzufriedenheit der jungen Leute mit den gesellschaftlichen Zuständen irgendwie verstehen...vieles an der sogenannten Gegenkultur ist natürlich infantiler und prätentiöser Mist. Aber die neuen Lebensstile, die sich herausbilden, haben schon einen gewissen Reiz", meint Fritz the Cat in einem Interview mit Johnny Giraffe, dem Moderator einer TV-Show. In der letzten Geschichte von Robert Crumb mit dem Titel "Fritz, the Cat, Superstar" hat es der verrückte Kater aus San Francisco endlich geschafft und ist ein Star, selbst Abigail, die Tochter vom Limonadenkönig Abe Alligator, lässt sich von ihm flachlegen. Aber der Ruhm steigt Fritz langsam zu Kopf und so macht Robert Crumb kurzen Prozess mit ihm, denn er wurde ihm tatsächlich schon zu erfolgreich.

Die vorliegende Ausgabe enthält einige seiner besten Geschichten, darunter Fritz als Geheimagent der CIA, als Zauberer, Nichtsnutz und Verkaufsgenie oder einfach in "Immer ärger mit den Frauen" (Fritz the Cat Doubts his Masculinity). Die Geschichten stammen aus der Zeit zwischen 1965 und 1972 und sind voller witziger Ideen und Einfälle und garantiert nicht jugendfrei.

"Wein, Weib und Weed"

Fritz sollte eigentlich für seine Prüfungen pauken, aber er hat nach einer durchzechten Nacht einfach keine Lust darauf und zündet kurzerhand seine Skripten an, worauf das ganze Wohnhaus seiner WG abbrennt. Daraufhin begegnet er einer Krähe an der Bar eines Strip Joints und unterhält sich über die Rassentrennung in den USA. (Der Ausdruck "Jim Crow" (also: Krähe) wurde gerne für Afroamerikaner angewendet, die nach dem Ende der Sklaverei dennoch unter Diskriminierung zu leiden hatten. Die sog. Jim-Crow-Gesetze im Süden der USA hielten bis zur Bürgerrechtsbewegung des 20. Jahrhunderts die Apartheid aufrecht.) Aber diese "Krähen" gehören natürlich zu Fritz Kumpels, ebenso eine Menge Frauen natürlich und andere Freunde hat Fritz natürlich auch sehr viele. Winston ist seine beste Freundin, aber er betrügt sie ständig, einmal gibt es sogar eine Orgie in einem Badezimmer, wo sich alle zusammen nackt in der Badewanne versammeln. In China stößt Fritz auf den Wissenschaftler P. King Nte und vereitelt die kommunistische Invasion Amerikas. Als ihn seine Frau aus der gemeinsamen Wohnung (mit Kind) rausschmeißt findet Fritz schnell Ersatz und gemeinsam mit Fuz, dem gemeinen Hasen, quälen sie eine Stute, bis diese stöhnt: "Mann, Ihr müßt Eure Mütter ja gehasst haben!" Robert Crumbs Witz ist manchmal sexistisch und politisch unkorrekt, aber immer zynisch und subversiv.

15 Episoden aus dem Leben eines X-Rated

Schon 1964 tauchte der politisch unkorrekte und sexistische und gleichzeitig so liebenswerte Kater erstmals in Untergrund-Zeitschriften in den USA auf. Damals hießen diese Blätter noch "Underground-Comix" und das "x" in Comics stand für X-Rated, denn sie wollten die Zensur des Comic Codes von 1954 umgehen und das Genre - die neunte Kunstform - auch erwachsenen Lesern wieder zugänglich machen. Robert Crumb tat sich damals schon um besonders subversive und explizite Darstellungen auch autobiographischer Inhalte hervor und machte aus dem Comic-Genre eine "Tür zum Unterbewussten", wie Klaus Schikowski im Nachwort zur vorliegenden Ausgabe treffend zusammenfasst. Dass "Fritz the Cat" so einen Erfolg hatte und 1972 sogar verfilmt wurde - genauso wie in der Geschichte "Superstar" - war Crumb persönlich so unangenehm, dass er ihn kurzerhand von einer Verehrerin mit einem Schraubenzieher ermorden lässt. Der Underground-Klassiker von Robert Crumb in einer überarbeiteten und erweiterten Neuauflage zeigt Robert Crumbs "Fritz the Cat" in insgesamt 15 Episoden sowie in zusätzliche Skizzen.


von Juergen Weber - 18. November 2017
Fritz the Cat
Fritz the Cat

Reprodukt 2017
Originalsprache: Englisch
128 Seiten, gebunden
EAN 978-3956400353