Finanzmanagement mit starkem Praxisbezug
Das vorliegende Lehrbuch von Richard Guserl (Honorarprofessor an der Johannes Kepler Universität Linz [JKU], Unternehmensberater und vormals langjähriger CFO sowie Vorstandsmitglied beim seinerzeit größten Technologiekonzern Österreichs) sowie von Helmut Pernsteiner und (seit der jüngsten Auflage) von Thomas M. Brunner-Kirchmair (beide sind Professoren am Institut für betriebliche Finanzwirtschaft der JKU) setzt sich fundiert und umfassend mit den Grundlagen und Konzeptionen für das Finanzmanagement sowie ergänzend mit ausgewählten Themenstellungen zur Politik der finanziellen Unternehmensführung auseinander. Der besondere Reiz und der "Mehrwert" gegenüber den meisten Lehrbüchern zum Finanzmanagement liegen zweifelsohne im stark ausgeprägten Praxisbezug dieses Werks. Dabei orientiert sich die Auswahl der Themenstellungen in erster Linie danach, welche strategischen und operativen Aufgaben im Rahmen der finanziellen Unternehmensführung zu lösen sind. Hierzu geben zahlreiche ExpertInnen aus der Praxis zusätzliche Antworten auf spezielle Fragen und präsentieren konkrete Beispiele bzw. Fallstudien.
Das Lehrbuch gliedert sich in siebzehn Kapitel:
Kapitel 1 "Rahmen, Ziele und Aufgaben des Finanzmanagements": Hier werden vor allem die wesentlichen Einflussfaktoren und Ziele des Finanzmanagements sowie die Kernaufgaben und Entscheidungsfelder des CFO vorgestellt.
Kapitel 2 "Theoretische Grundlagen des Finanzmanagements": Zum fundierten Verständnis der Welt des Finanzmanagements braucht es vorab die Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Theorien und den damit verbundenen Prämissen, insbesondere mit den (neo-)klassischen und neoinstitutionalistischen Finanzierungstheorien sowie mit der sog. Behavioral (Corporate) Finance. So werden etwa auf der Grundlage der Agency Problematik die Informationsasymmetrie und die finanziellen Spannungsverhältnisse zwischen den Finanzakteuren analysiert und Lösungsansätze im Rahmen der Corporate Governance sowie der Compliance referiert. Es werden aber auch Erkenntnisse der Psychologie mit jenen der Finanzwirtschaft kombiniert und integriert, d.h. eine Reihe von Erklärungsmechanismen, beispielsweise Bias, Heuristiken und Framingeffekte behandelt.
Kapitel 3 "Finanzierungsformen – Überblick": Als Basisinformation und zur besseren Durchdringung weiterer Themenfelder dieses Buches werden die zahlreichen Finanzierungsformen – anhand der "klassischen" Gliederungssystematik nach den Kriterien Herkunft der (überwiegend) liquiden Mittel und Rechtstellung der Geber sowie unter Berücksichtigung der Aspekte Kapitalmarktanbindung und Unternehmenssituation – strukturiert und danach im Einzelnen beschrieben.
Kapitel 4 "Finanzielle Analysen": Im Fokus stehen die interne Finanzanalyse sowie die finanzielle Steuerung mittels der Finanzierungsregeln und Kennzahlen (beispielsweise Liquidität und Cashflow, Working Capital Ratio, Eigenkapitalquote und Verschuldungsgrad, Gearing Ratio sowie verschiedene Erfolgsgrößen und Rentabilitäten). Zusätzlich wird auch die finanzwirtschaftliche Analyse aus der Sicht des Kapitalmarkts beleuchtet.
Kapitel 5 "Fremdfinanzierung": Nach einem Überblick über wichtige Ausgestaltungsmöglichkeiten (Dauer, Tilgung, Verzinsung, Besicherung, Herkunft) werden ausgewählte kurz-, mittel- und langfristige Instrumente des Fremdkapitals behandelt. In diesem Zusammenhang werden auch die in der Bankpraxis mittlerweile unter dem Begriff "Strukturierte Finanzierung" subsumierten Formen einer Finanzierung, die über einen klassischen Kredit hinausgehen, näher vorgestellt. Des Weiteren wird u.a. auf Anleihen und Schuldscheindarlehen eingegangen.
Kapitel 6 "Rating und Bonitätsmanagement": Kreditentscheidungen sind auch von der Bonität und dem Rating eines Unternehmens abhängig. Folgerichtig werden vor allem instrumentelle und prozessuale Aspekte des internen Ratings von Banken und des externen Ratings der Ratingagenturen thematisiert. Zusätzlich werden auch die Möglichkeiten eines Bonitätsmanagements von Unternehmen referiert.
Kapitel 7 "Eigenfinanzierung und Mezzaninkapitel": Hierbei geht es primär um Fragestellungen in Verbindung mit der Eigenfinanzierung kapitalmarktorientierter und nicht-kapitalmarktorientierter Unternehmen. Dabei werden auch die Rolle von Wertpapierbörsen und die verschiedenen Aspekte eines Börsengangs (IPO) untersucht. Im Anschluss an die Diskussion der Struktur und Verhaltensweisen der unterschiedlichen Eigentümerschaften werden einzelne Formen des Mezzaninkapitals beschrieben.
Kapitel 8 "Kapitalstruktur und Dividendenpolitik": Dieses Thema ist insofern für Unternehmen interessant, wenn durch ein geändertes Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapitel Vorteile für dieses erreicht werden können. In diesem Kontext werden u.a. der Leverage-Effekt, die Irrelevanzthese nach Modigliani/Miller und die Signaling-Theorie erläutert. Weiterführend werden auch institutionelle Verhältnisse diskutiert, wie Agency Costs und Managerverhalten. Überlegungen zur Dividendenpolitik runden das Kapitel ab.
Kapitel 9 "Investitionsrechnung": Zum Finanzmanagement zählt auch die Verwendung der liquiden Mittel für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Folgerichtig wird anhand der traditionellen statischen und dynamischen Investitionsrechenverfahren gezeigt, wie sich Investitionsalternativen bewerten lassen.
Kapitel 10 "Value Management": Unter Value (Based) Management wird die nachhaltige Steigerung des Werts des Unternehmens verstanden. In diesem Kapitel wird vor allem der Frage nachgegangen, wie eine wertorientierte Unternehmensführung stattfinden kann bzw. wie eine Messung von Wertschaffung geschieht. Dabei geht es zuerst um die relevanten Grundlagen, etwa um die Bestimmung der durchschnittlich gewichteten Gesamtkapitalkosten (WACC) sowie um das Capital Employed (CE) und den Net Operating Profit After Taxes (NOPAT). Danach werden mit dem Return on Capital Employed (ROCE), dem Economic Value Added (EVA®) und dem Cash-Value-Added (CVA) die Verfahren zur Messung der Wertsteigerung und mögliche Werttreiberkonzepte vorgestellt.
Kapitel 11 "Unternehmenswert": Das Reporting der Ergebnisse des Wertmanagements ist eng mit der Frage nach der Messung des Unternehmenswerts verbunden. Ferner ist die Unternehmensbewertung im Rahmen von Käufen und Verkäufen von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen, bei gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen und im Zusammenhang von Erbschaftsangelegenheiten relevant. In der Finanzwirtschaft existieren mehrere unterschiedliche Konzeptionen zur Feststellung des Unternehmenswerts, welche hier näher aufgezeigt werden. Dies sind die Bewertungen der Substanz und der "unternehmerischen Zukunft" – beispielsweise mit Hilfe des Ertragswert- und des Discounted-Cashflow-Verfahrens (DCF) – sowie Ansätze der Marktorientierung, etwa mittels Multiplikatoren oder spezieller Modelle für börsennotierten Unternehmen.
Kapitel 12 "Control- und Controlling-System": In einer Ressortaufteilung auf der Ebene der Geschäftsführung bzw. des Vorstandes hat der CFO bzw. ein kaufmännischer Geschäftsführer neben anderen Ressortzuständigkeiten auch die fachliche und personelle Verantwortung für den Bereich Controlling. Deshalb setzt sich dieses Kapitel mit einigen grundsätzlichen Fragen des Controllings, etwa mit den Elementen Planung, Businessplan und Budgets, auseinander.
Kapitel 13 "Chancen- und Risikomanagement": Das Risiko von Unternehmen beeinflusst den Unternehmenserfolg und die Liquidität, da eingetretene (realisierte) Risiken zu liquiditätswirksamen Aufwänden führen. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen somit die Anforderungen an ein effizientes Risikomanagement sowie die vier Phasen des Risikomanagement-Prozesses im Unternehmen, d.h. die Risikoidentifikation, Risikobewertung und -aggregation, Risikosteuerung/Risikoüberwachung und das Risikoreporting.
Kapitel 14 "Management von Marktpreisrisiken": Marktpreisrisiken, insbesondere Beschaffungs- sowie Marktumfeld- und Absatzrisiken, verursachen bei Unternehmen Unsicherheiten hinsichtlich der Festlegung von Budgets und Businessplänen sowie bei Kalkulationspreisen. Marktpreisrisiken werden nicht nur von negativen Preisentwicklungen geprägt, sondern auch von den die Preise beeinflussenden Parametern, z.B. durch Volatilitäten von Rohstoffpreisen, Kursen, Zinssätzen und Währungen. Deshalb stehen in diesem Kapitel Systeme und Verfahren der Steuerung von Marktpreisrisiken von Unternehmen im Fokus, u.a. der Value-at-Risk-Ansatz und ausgewählte Möglichkeiten des Zins- und Währungsmanagements sowie des Managements von Rohstoffrisiken.
Kapitel 15 "Capital Employed Management": Gemäß der Konzeption des Value Managements sind neben dem NOPAT das Average Capital Employed, d. h. das im Unternehmen zur Leistungserstellung und Umsetzung des Geschäftsmodells betriebsnotwendige durchschnittlich gebundene Vermögen, die zentralen Werttreiber. Infolgedessen werden die Maßnahmen zur aktiven Steuerung des Capital Employed, vor allem Optionen für das Management der langfristigen Vermögenswerte und für das Working Capital Management, untersucht.
Kapital 16 "Finanzmanagement im Konzern": Die für das Finanzmanagement relevanten Besonderheiten insbesondere einer Management-Holding betreffen u.a. die Aspekte Organisation eines Finanzmanagements, Zentralisierung der Treasury-Funktionen, finanzielles Risikomanagement im Treasury sowie das Cash-, Asset-, Kredit- und Kapitalstrukturmanagement. Zusätzlich werden auch Fragen der Verrechnungspreise und Umlagen sowie der Gewinnverwendungspolitik im Konzern aufgegriffen und beantwortet.
Kapital 17 "Mergers & Acquisitions": M&A-Transaktionen können ganze Unternehmen, Beteiligungen oder nur vereinzelte Vermögensteile betreffen. Im Mittelpunkt des abschließenden Kapitels stehen die Phasen, Chancen und Risiken sowie die Motive von M&A-Transaktionen. In diesem Kontext wird auch auf Übernahmestrategien und auf die Abwehr von Übernahmen sowie auf rechtliche Rahmenbedingungen für M&A-Transaktionen in Deutschland und Österreich eingegangen.
Die vorliegende dritten Auflage ist durch umfangreiche Neuerungen gekennzeichnet. Eine Vielzahl neuer Beiträge und Fallbeispiele aus der Praxis ergänzen die theoretischen Grundlagen. Auch wurden zahlreiche Inhalte neu strukturiert, ergänzt und aktualisiert, etwa die Ausführungen zu den Investitionsrechenmethoden und zum Multiplikatorverfahren. Durch eine Titelseite am Beginn jedes Kapitels wird nicht nur die übersichtliche Struktur des Lehrbuchs erhöht, sondern die neu aufgeführten Lernziele unterstützen zweifelsohne das Studium einer insgesamt anspruchsvollen und komplexen Materie.
Alles in allem ist dem Autorentrio sowie den 22 Expertinnen und Experten aus der Praxis eine systematische und gut verständliche Auseinandersetzung mit den grundsätzlichen und aktuellen Fragen des Finanzmanagements hervorragend gelungen. Die Vielzahl der speziellen Praxisbeiträge erleichtert das Verständnis für die Anwendung der vorgestellten Lösungsansätze und die zusammengestellten spezifischen Literaturhinweise nach jedem Kapitel ermöglichen eine schnelle Vertiefung mittels weiterführender Quellen. Damit kann dieses Lehrbuch den Studierenden der Wirtschaftswissenschaften bzw. jener Studienrichtungen, bei denen das Finanzmanagement einen wesentlichen Schwerpunkt bildet, nach wie vor als vorlesungsbegleitende und -vertiefende Lektüre bestens empfohlen werden. Darüber hinaus kann das Werk Wirtschaftspraktikern als Nachschlagewerk und zur Orientierung bzw. Unterstützung im unternehmerischen Alltag gute Dienste leisten.
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