Festungen in Bayern

Festungen schreiben Geschichte

Festungen sind mitnichten identisch mit Schlössern, die zu Besichtigungen einladen und Kunstschätze beherbergen. Eine Festung also öffnet nicht den Raum des säkular Märchenhaften, sie lädt auch nicht zu Träumereien ein. Das Wissen über Landes- und Kulturgeschichte scheint aber buchstäblich zu verdunsten, so dass mitunter neue Formen der Geschichtsschreibung angezeigt sein mögen. Die Bände, die die Deutsche Gesellschaft für Festungsforschung herausgibt, leisten einen wertvollen Beitrag dazu und sind somit ein wichtiges Korrektiv gegenüber Einseitigkeiten, die gewissermaßen die große Koalition der deutschen Bildungspolitik seit Jahrzehnten zu verantworten hat. Wer mit der Geschichte des Landes vertraut werden möchte, traut somit verlässlichen Studien hierzu. 

In Bayern befinden sich eine ganze Reihe an Festungen, natürlich auch Schlösser. Doch Daniel Burger wendet sich bewusst den Festungen zu, stellt die Geschichte Bayern prägnant und anschaulich dar, zeigt Verflechtungen auf, die mit Kriegen und der Errichtung von Festungsanlagen verbunden sind. Ebenso werden die historisch vielleicht unvermeidlichen Schwächen von solchen Bauwerken deutlich, die zum Schutz gegen andrängende Belagerungen durch feindliche Heere errichtet wurden. Die „neuzeitliche Befestigung“ sollte Angriffen der Artillerie standhalten können und zugleich selbst Artillerie einsetzen: „Bei den meisten Festungen handelte es sich um bereits seit dem Mittelalter bewohnte und befestigte Orte, seien es nun Städte oder Burgen, die nach neuzeitlichen Kriterien ausgebaut und verändert wurden. Eine Abgrenzung zwischen Stadtbefestigung, Burg, Schloss und Festung ist bei solchen Bauentwicklungen demnach schwierig.“ Festungen seien nicht auf der grünen Wiese entstanden, sondern zu dem ursprünglichen Bau hinzugekommen, in der Absicht, bestehende Staatsgebilde effektiv zu verteidigen. Nüchtern erläutert der Autor: „Als Reaktion auf das feindliche Belagerungsgeschütz wurden die Festungen in der Höhe immer niedriger und zunehmend der feindlichen Einsicht entzogen. Im Grundriss orientierte man sich an der Aufstellung des Verteidigungsgeschützes und dessen optimaler Positionierung in immer besser konstruierten Bauten.“ Bisweilen sind die Grenzen zwischen Burg und Festung fließend. Verfügten die Festungen im Dreißigjährigen Krieg und auch später noch über eine eminent wichtige Bedeutung, so waren im Ersten Weltkrieg keine der bayerischen Festungen mehr in Kriegshandlungen verwickelt. Zu dieser Zeit besaßen die Festungen also eher einen symbolischen oder stadtgeschichtlichen Wert.

Heute sind sie zu einem „Geheimtipp für Spezialisten“ geworden, also selten ein touristisches Ausflugsziel: „In den letzten Jahren wurden die Festungswerke als Ruhe- und Grünzonen der Städte wiederentdeckt. Im Rahmen von (Landes-)Gartenschauen hat man den Ingolstädter Brückenkopf, Teile der Neu-Ulmer Hauptumwallung und Teile der Rainer Festung neu gestaltet. Damit wurden große Bereiche revitalisiert und von der Bevölkerung auch dankbar angenommen, aber es hat sich auch hier eine völlig neue Gestaltung etabliert, die mit der einstigen Funktion nichts zu tun hat und das historische Aussehen verändert.“ Das ist ganz sicher zutreffend beobachtet, doch zugleich nehmen vereinzelt auch Romreisende das Forum Romanum eher als prächtigen Garten inmitten der Ewigen Stadt wahr, nicht primär als Stätte, die auf das Altertum verweist.

Besonders und ausnehmend kenntnisreich würdigt der Verfasser einzelne Festungen, darunter etwa die geschichtsträchtige Veste Coburg, die über eine lange Geschichte verfügt und sich als heute noch markante, dank vieler Restaurierungen und Erneuerungen „wohlerhaltene Anlage“ zeigt, deren Wehrbauten über einen „ausgeprägt martialischen Stil“ verfügen. Andernorts, etwa in Lindau am Bodensee, sind die Befestigungen eher verstreut im Stadtbild zu erkennen, dem „aufmerksamen Spaziergänger“ vorbehalten, der in Grünanlagen Mauern aus der Festungszeit entdecken kann, zugleich aber feststellen muss, dass diese nicht „ihrem stadtgeschichtlichen Wert entsprechend freigestellt“ sind. Die Geschichte der Festungen wird also mancherorts vernachlässigt, was bedauerlich ist. Anders hingegen verhält es sich hingegen in Kulmbach. Die Spuren der Festung reichen weit ins Mittelalter zurück: „Wie Zwiebelschalen legten sich die Bauphasen untereinander; der Rosenberg bietet daher die hervorragende Chance, den Wechsel der Militärbaukunst vom Spätmittelalter bis in den Barock auf engstem Raum zu verfolgen.“

Daniel Burger zeigt in diesem beachtenswerten Band historische Vernetzungen von Stadtgeschichte und Militärbauwerken, die heute noch – in unterschiedlichem Zustand – von der wechselvollen Landesgeschichte Bayerns künden. Mit hoher Genauigkeit hat Burger die Festungen vorgestellt und deren Geschichte im Kontext der Zeitumstände akribisch erläutert. Geschichtsschreibung ist Feinarbeit. In diesem reich illustrierten Band lässt sich dies nachvollziehen und studieren.

Festungen in Bayern
Festungen in Bayern
224 Seiten, broschiert
EAN 978-3795437695

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