Düstere Prognose
Syrien - Irak - Libyen - Jemen: Nach dem hoffnungsvollen Jahr 2011, als in vielen arabischen Staaten überwiegend jugendliche Demonstrierende auf die Straße gingen und ihre korrupten, elitären und von der Gesellschaft abgekoppelten repressiven Regime stürzten, schaut der Westen heute verwundert und entsetzt auf die arabische Welt. Staaten zerfallen im Bürgerkrieg, und Terrororganisationen bauen einen eigenen Staat auf, den "Islamischen Staat", der nicht an früheren Staatsgrenzen halt macht.
Der Islamwissenschaftler und jahrelange Nahost-Korrespondent der FAZ, Rainer Hermann, analysiert in seinem jüngsten Buch die Hintergründe dieser für uns schwer verständlichen Entwicklung. Dazu gehört allgemein das Versagen der mächtigen Eliten, die staatliche Ressourcen unter sich aufteilten und sich zur Erhaltung ihrer Regierungsmacht auf Polizei, Militär und Geheimdienste stützten, anstatt sich um die Bevölkerung zu kümmern. Der zweite wichtige Faktor ist die Rivalität zwischen Sunniten und Schiiten. Im Hintergrund der Bürgerkriege zieht das sunnitische Saudi-Arabien und der schiitische Iran die Fäden. Saudi-Arabien und Qatar unterstützten bis vor Kurzem die sunnitischen Rebellen in der Hoffnung, im Irak Maliki und in Syrien Assad zu stürzen, die von Iran wiederum als Garanten einer schiitischen Achse gestützt wurden oder werden. "Grenzüberschreitende Konfessionen sind wichtiger als nationalstaatliche Grenzen." (S. 112)
Der IS kam nicht 2011 auf, schon gar nicht erst 2014; seine Vorgeschichte reicht bis ins Jahr 1999 zurück, bis nach Afghanistan, zu den Taliban und al-Qaida. Die Vorgängerorganisationen des IS provozierten im Irak den Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten und erstarkten aufgrund des Abzugs der US-Truppen und des rücksichtslosen Vorgehens Malikis gegen die sunnitische Minderheit, das diese Bevölkerungsgruppe in die Arme des "Islamischen Staats" trieb. Von 2013 an dehnte der IS sein Herrschaftsgebiet nach Syrien aus. Die Terrororganisation ist längst zum Staat geworden, auf dessen Gebiet mehr als zehn Millionen Menschen leben. Zumindest ein Teil dieser Bevölkerung unterstützt den IS, weil er Dinge bietet, die Syrien und vor allem der Irak nicht bieten konnten: Identität, relativ starke ethnische Homogenität, eine als gerecht empfundene Ordnung und nicht zuletzt soziale und andere staatliche Dienstleistungen, die nicht nur einer kleinen Elite, sondern allen zugute kommen. Hermanns düstere Prognose ist, dass der IS "zumindest vorläufig Bestand haben wird." (S. 65)
Eine Lösung ist nicht in Sicht. Saudi-Arabien und Iran sind als Rivalen Teil des Problems. Die Türkei unter Erdoğan bezeichnet Hermann als "Enttäuschung" (S. 120). Interventionen westlicher Mächte sind nicht geeignet, im Nahen Osten funktionierende Staaten hervorzubringen. Somit wird die gegenwärtig dort herrschende Anarchie nicht so schnell unter Kontrolle zu bringen sein. Waffen kursieren, eine große Zahl an internationalen Jihadisten kämpft in der Region und wird irgendwann brutalisiert und kriegserfahren in ihre - auch europäischen - Heimatländer zurückkehren und dort terroristische Anschläge verüben - ein erschreckendes Szenario.
Etwa alle zehn Jahre wird im Nahen Osten eine neue Terrororganisation gegründet, zuletzt 1988 al-Qaida und 1999 die Vorläufer des IS. Diese werden international erst Jahre später wahrgenommen, wenn eine neue Terrorwelle einsetzt. Mit jeder neuen Organisation erreicht der Terror auch einen neuen, zuvor ungeahnten Höhepunkt. "Jede Terrorgruppe wurde bekämpft, und jedes Mal glaubte man, sie sei zerstört, nur um erkennen zu müssen, dass der jeweilige Nachfolger eine noch größere Gefahr werden sollte. Jede Etappe hat die nächste vorbereitet, in der sich das Ausmaß des Terrors weiter steigerte." (S. 126)

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