Ganz normaler Beziehungstod
"Wenn Sie etwas über sich erfahren wollen, gehen Sie in ein Möbelgeschäft."
Benjamin, Apotheker, junger Vater und verheiratet mit einer bildhübschen Powerfrau, wird beim gemeinsamen Aussuchen eines neuen Couchtisches von seiner ungeordneten Gefühlswelt heimgesucht: "Ein ganzes Meer von Couchtischen, und ich mittendrin, orientierungslos, ein winziges Boot auf dem Ozean."
Schmerzhaft wird er sich bewusst, wie hohl und unbefriedigt er sich fühlt, verwirrt in seiner Ehebeziehung. Erschrocken nimmt er die Bevormundung wahr, die bis dahin ertragen hat, und er beginnt zu spüren, wie sein Leben ein einziger unglücklicher Kompromiss ist.
Isabelle Minière, 1961 in Mali geboren, aufgewachsen in Orléans, vier Jahre wohnhaft in China und heute in Paris lebend, ist eine unkonventionelle Frau und eine wunderbare Erzählerin. Sich in die Rolle ihres tragischen männlichen Helden einzudenken, scheint ihr erstaunlich leicht zu fallen, und in ihren Worten drücken sich Mitleid, Ironie und eine Prise Wut in selbstverständlicher Einheit aus.
Der Roman gibt einen unglaublich sensiblen, fast liebvollen Einblick in die männliche Seele, die langsam erkaltend und schrumpfend im ermüdeten Körper eines Mittdreissigers sitzt.
"Plötzlich bin ich todmüde, würde am liebsten ins Bett gehen, ohne Abendbrot, ohne Pizza, ohne Worte. Nur noch Körper sein, nur noch schlafen."
Die Autorin braucht weder psychologische Weisheiten noch den Zeigefinger, um ihrer Geschichte Tiefgang zu verleihen. Ohne unangenehme Moral erhält die Erzählung zu ihrem Unterhaltungswert eine sanfte therapeutische Note, indem sie auf eine leise Art Mut macht, unglückliche Entwicklungen wahrzunehmen, zu benennen und beherzt Lösungswege zu beschreiten. Isabelle Minière beschreibt einfühlsam ein Drama, wie es sich wohl täglich unerkannt in viel zu vielen Beziehungen abspielt.
In erster Linie ist der Roman wohltuender, intelligenter Lesespass auf höchstem literarischem Niveau: schnörkellos, glaubwürdig, packend.
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