Geschichte, Kultur und Lebensweise der Türkvölker
Dieser monumentale und schön bebilderte Band gibt auf 504 Seiten einen beeindruckenden Überblick über Geschichte, Kultur und Lebensweise der Türkvölker. Die Autoren definieren diese nicht ethnisch, denn es gibt nicht ein Türkvolk mit bestimmten anthropologischen Merkmalen, sondern über ihre Sprachgemeinschaft, die Türksprachen. Das Beeindruckende dabei ist, dass die heutigen Türksprachen untereinander eine Verständlichkeit von bis zu 85% aufweisen, obwohl die sie sprechenden Völker über 2000 Jahre und Tausende von Kilometern aus Zentralasien Richtung Westen gewandert sind, sich dabei mit anderen Ethnien vermischt haben und teilweise über Jahrhunderte in abgeschiedenen Enklaven lebten. Diese "linguistische Kontinuität" ist verglichen mit der europäischen Sprachenfamilie beeindruckend. Nur so wird verständlich, dass die Gedichte eines Yunus Emre aus dem 13. Jahrhundert auch heute noch für Menschen verständlich sind, die keine Kenntnisse des Alttürkischen haben.
Als Beispiel für lange Zeit isoliert lebende Türkvölker seien hier die Tschuwaschen angeführt, Nachfahren der Wolga-Bulgaren, die hauptsächlich an der mittleren Wolga leben und christlich-orthodoxen Glaubens sind, oder die jüdischen Karaim, die in Litauen und der Ukraine leben.
Die größte Türksprache ist Türkisch, das in und außerhalb der Türkei die Muttersprache von etwa 60 Millionen Menschen ist. Insgesamt erstreckt sich der Lebensraum türksprachiger Völker von Nordchina, Zentraliran, Nordirak und Anatolien bis zum Balkan im Westen und bis nach Sibirien im Norden.
Der dicke Band mit seinen eng beschriebenen Seiten bietet eine solche Informationsfülle, dass es im Rahmen einer Rezension kaum möglich ist, die einzelnen Aufsätze angemessen zu würdigen. Das Spektrum beginnt mit einer Analyse der Unterschiede zwischen den Türksprachen und dem Alttürkischen sowie der kirgisischen epischen Poesie. Hierzu finden sich interessante Fotos steinerner Inschriften aus der Göktürk-Zeit im 8. Jahrhundert garniert ist - diese steinernen Monumente befinden sich in der Mongolei - und zeitgenössische Fotos kirgisischer Manas-Erzähler. Die nomadische Lebensweise wird erklärt, Wanderungsbewegungen und politische Geschichte der Türkvölker und der Völker, mit denen sie in engem Kontakt lebten, wie den Mongolen, werden beschrieben.
Ein eigener Aufsatz ist der nomadischen Küche und derjenigen der Türkvölker im Mittelalter gewidmet, einer den Veränderungen der Türkischen Küche infolge von Wanderung und Islamisierung. Der ursprünglich zentrale Bestandteil sind Fleisch und Milchprodukte, was sich noch heute an der fleischzentrierten Kost der Menschen im anatolischen Hochland bemerkbar macht. Durch den Kontakt mit Schwarz- und Mittelmeerkulturen hielten neue Elemente Einzug in die türkische Küche, z.B. die Olive, die bereits zum Frühstück gegessen wird. So ist die Türkei heute führende Produzentin von Oliven und sogar die Griechen konsumieren weniger davon. Gemüseeintöpfe können heute als "the most characteristic feature of Turkish cuisine" bezeichnet werden. (S. 272) Fisch hingegen wurde in diesem Ausmaß in nur regionale Küchen integriert, z.B. am Schwarzen Meer. Umgekehrt wurde Pilav aus Reis oder Bulgur von den Türkvölkern während der Seldschukischen Zeit nach Anatolien und im Osmanischen Reich auf den Balken und in die Arabische Welt gebracht. Auch Baklava und andere geschichtete Backwaren sind eine Erfindung zentralasiatischer Türkvölker. Die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts stellte dann einen Wendepunkt in der Türkischen Küche dar; mit ihrer sehr großen Vielfalt ist sie heute eine Osmanische Küche, die unzählige Spezialitäten der Völker des Osmanischen Reiches integriert hat, z.B. eine Vielzahl von Salaten und kalten Gemüsegerichten.
Zum Kunsthandwerk in Usbekistan, der Kunst des Siyah Kalem, dem Leben in einer kasachischen Yurte oder Zentralasiatischer und Osmanischer Architektur finden sich ebenso Artikel wie zur modernen Türkischen Identität sowie zu Türkischen Gemeinden im Ausland.
Mehrere Artikel behandeln Glaubensfragen, angefangen von Buddhismus und Schamanentum unter Türkvölkern bis hin zu Sufismus, Alevitentum und anderen Ausprägungen des Türkischen Islam.
Insgesamt haben die Autoren hier ein Standardwerk geschaffen, an dem man nicht vorbeikommt.

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