Hitlers und Stalins Diktatur im Vergleich
Die Produktivität angelsächsischer Historiker ist erstaunlich: Während viele ihrer deutschen Kollegen in mehreren Jahren nicht über das Verfassen kleinerer Aufsätze und/oder einem Handbuch mit wenigen Textseiten hinauskommen, legen die drei führenden englischen Historiker Ian Kershaw, Richard J. Evans und eben Richard Overy in beinahe zweijähriger Regelmäßigkeit dickleibige und (!) äußerst lesbare Studien zur deutschen Zeitgeschichte vor. Overys neuestes Werk beschäftigt sich mit dem Diktaturvergleich zwischen dem kommunistischen Russland und dem nationalsozialistischen Deutschland.
Anders als Allan Bullock 1991 wagt Overy keine Doppelbiografie der beiden Männer Hitler und Stalin, sondern stellt die Systeme in den Vordergrund. Overy will deutlich machen, "wie die Diktaturen funktionierten und warum sie auf diese Weise funktionierten". In 14 thematischen Abschnitten fasst der britische Historiker gekonnt den aktuellen Forschungsstand zusammen und mag mitunter Verbindungen aufzeigen, die bisher nicht thematisiert wurden. Am Beispiel der Parteigeschichte von NSDAP und KPdSU wird das deutlich. So fallen manch einschneidende Ereignisse zeitlich aufeinander oder ähneln sich frappierend. Obwohl Overy die meisten Informationen aus Sekundärliteratur herauszieht und nur selten auf Archivmaterial zurückgreift, gelingt es ihm, z.T. neue Erkenntnisse ans Licht zu bringen. So wurden während der Ära Stalin weniger Menschen umgebracht als bisher angenommen. Dennoch bleibt die Zahl, die Overy angibt, mit knapp 700.000 Menschen hoch genug.
Es gelingt dem Autor, die zentralen Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen, ohne die Frage nach "Gut oder Böse" zu stellen. Zudem ist es nicht Overys Absicht, beide Systeme auf eine Stufe zu stellen, wie es manch ein Anhänger des Totalitarismus-Modells anstrebt. Während es bemerkenswerte Unterschiede hinsichtlich der Wirtschaftslenkung, der utopischen Gesellschaftsmodelle oder aber der moralischen Rhetorik gab, unterschieden sich Kommunismus und Nationalsozialismus in einem Punkt evident: Der Sowjetkommunismus sollte ein Instrument für den menschlichen Fortschritt sein, der Nationalsozialismus hingegen ein Fortschritt für ein ganz bestimmtes Volk.
Im Kapitel über das Lagersystem beider Diktaturen stellt Overy einen weiteren grundlegenden Unterschied heraus: Zwar gab es auch in Russland ein weit entwickeltes Lagersystem (GULAG), allerdings fehlte ein Pendant zu den deutschen Vernichtungslagern (Auschwitz, Treblinka, Sobibor, Majdanek, Chelmno, Belczek). Alle übrigen Lager des "Archipel Gulag" lassen sich hingegen mit den deutschen Konzentrationslagern vergleichen. Dieser Erkenntnis schließt sich eine weitere an: In der Sowjetunion gab es keine planmäßige, intendierte Vernichtung in den Lagern. Menschen wurden zwar willkürlich und zu hunderttausenden in die Lager geschickt, allerdings war der Tod vieler kein intendiertes Ziel, sondern Folge der körperlichen Strapazen der Zwangsarbeit.
Dass trotz der auffälligen Gemeinsamkeiten beider Regime, Sowjetrussland den Krieg schließlich gewann, lag laut Overy an der schier unaufhörlichen Ressourcenmobilisierung. Es bleibt abschließend festzuhalten, dass Richard Overy trotz 850 Seiten Text eine überaus gelungene und sehr gut lesbare Studie vorgelegt hat, die Bekanntes stärker fokussiert und gleichzeitig bisher unbekannte Gemeinsamkeiten aufzeigt. Zudem räumt Overy mit zahlreichen Legenden und Irrungen auf. Seine pragmatische Herangehensweise und der Verzicht auf falsch platzierte Emotionalitäten machen die Ergebnisse Overys für die Forschung sehr ergiebig.

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