Julia Navarro: Die stumme Bruderschaft

Gezerre um das Grabtuch Christi

Um es gleich vorweg zu nehmen: Dieses Buch ist ein Ärgernis - sowohl sprachlich als auch inhaltlich. Die etwas unbeholfenen Satzkonstruktionen und fantasielosen Formulierungen, die an einen mittelmässigen Schulaufsatz erinnern, können vielleicht der Übersetzerin angelastet werden, die Handlung aber ist Julia Navarros alleiniges Produkt.

Um was es geht: In der Kathedrale von Turin, wo die wohl bedeutendste Reliquie des Christentums, das Grabtuch Christi, aufbewahrt wird, hat es gebrannt. Eine Person ist dabei umgekommen. Die Obduktion zeigt, dass der Mann keine Zunge hat. Sie wurde ihm offensichtlich herausgeschnitten. Allein diese Entdeckung hätte Marco Valoni, ein Kommissar vom Dezernat für Kunstdelikte, den Schluss nahe gelegt, dass es sich bei diesem Ereignis nicht um einen einfachen, missglückten Diebstahlversuch handelt, sondern dass mehr dahinter stecken muss. Diese Vermutung wird vor allem dadurch bestärkt, dass es nicht das erste Mal ist, dass es in der Kirche brennt und dass vor einiger Zeit ein Mann in flagranti ertappt und festgenommen wurde, der ebenfalls keine Zunge mehr hat. Valonis Team ist also am Ermitteln und stösst langsam aber sicher auf die Spuren von zwei sich seit Jahrhunderten rivalisierenden Geheimbünden.

Es ist nicht das Thema, das Anlass zur Kritik gibt, sondern die Umsetzung. Auch das Grundgerüst, ein Wechsel zwischen Gegenwart, in der die Ermittlungen stattfinden und Vergangenheit, in der die Geschichte des Grabtuchs erzählt wird, ist legitim. Julia Navarro sollte aber die Kunst des Weglassens lernen. Sie berichtet seitenweise von uninteressanten und unnötigen Details, die das Ganze so in die Länge ziehen, dass die Spannung flöten geht. Zudem wirken die Protagonisten irgendwie lächerlich. Wenn die Ermittler erst nach tagelangem Grübeln auf die kühne Idee kommen, den inhaftierten Zungenlosen freizulassen, um ihn zu beschatten, kann man das nicht wirklich ernst nehmen. Geradezu peinlich ist der Auftritt der ach so intelligenten und überaus schönen Archäologin Sofia Galloni, die im Team von Marco Valoni ist und auf Armanimode steht. Sie wird auf den ach so charismatischen, geheimnisvollen und mächtigen Bauunternehmer Umberto D'Alaqua angesetzt, der ihr dann gehörig den Kopf verdreht. Ein wohl missglückter Versuch der Autorin, eine erotische Nebengeschichte einzuflechten. So entwickelt und entwickelt sich die Geschichte bis zu ihrem selbstverständlich grandiosen Finale.

Mit Öde in der Handlung könnte man gut leben, wenn die Sprache einen unterhalten würde. Doch das tut sie leider nicht. Sie besteht in weiten Teilen aus einer Aneinanderreihung simpler Sätze und Dialoge. Den Unterhaltungswert steigert sie nicht.

Dieses Urteil ist natürlich hart und mag erstaunen, wenn man bedenkt, dass das Buch der Nummer-1-Bestseller in Spanien gewesen sein soll. Dies kann man vielleicht so erklären: Julia Navarro kennt man in Spanien als Journalistin und Sachbuchautorin, eine Autorin also, die mit Vorschusslorbeeren ins Rennen startet. Im Klappentext heisst es, "Die stumme Bruderschaft" habe auf Anhieb den ersten Platz in den spanischen Bestsellerlisten erklommen. Eine andere Frage ist, wie lange das Buch sich dort halten konnte. Lesermeinungen in spanischen Online-Buchshops (z.B. www.casadellibro.com, www.circulo.es, www.elcorteingles.es - Buchtitel der spanischen Ausgabe: "La Hermandad de la Sábana Santa") zeigen, dass die Spanier so begeistert dann auch wieder nicht sind.

Die stumme Bruderschaft
Die stumme Bruderschaft
414 Seiten, gebunden
aus dem Spanischen von Sabine Giersberg
Limes 2005
EAN 978-3809024996

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