Die Rätselhaftigkeit eines alten Sonderlings
Patrick Süskind verbindet man vor allem mit seinem Roman und Bestseller "Das Parfum". Theatergängern dürfte er schon vor dem Erscheinen jenes Romans ein Begriff gewesen sein. Sein Einakter "Der Kontrabass" hatte zuvor für Aufsehen gesorgt und war jahrelang das meistgespielteste Stück im deutschsprachigen Raum. Seine kürzeren Prosawerke fanden zwar weniger Beachtung, lesenswert sind sie aber allemal. In der "Geschichte von Herrn Sommer" darf man sich zudem über die herrlichen Bilder von Sempé freuen, welche diese schnell gelesene Geschichte illustrieren.
Hastend durch die Welt
Auch in diesem Süskind-Buch begegnet man einer Sonderlingsfigur. Das heisst, eigentlich begegnet man hier gleich mehreren Sonderlingen, aber eine steht ganz im Zentrum und wird ja schon im Titel benannt - der Herr Sommer. Tagaus, tagein ist er unterwegs, hastet mit seinem Spazierstock zwölf, vierzehn oder gar sechszehn Stunden am Tag durch die Gegend. Seltsam nur, dass er keine Besorgungen macht; und erwähnenswert, dass die Leute sich an diesen alten Sonderling gewöhnt haben, so sehr, dass sie nicht einmal über ihn klatschen.
Doch wieso hastet er stets umher? Er sei auf der Flucht vor dem Tod, heisst es an einer Stelle. Tatsächlich scheint Sommer beim Hasten, begleitet vom monotonen Geklapper seines Spazierstocks, jene Ruhe finden zu wollen, die ihm nicht mehr vergönnt ist. Die Gründe für Sommers seltsames Verhalten werden nur angedeutet. Sommer und seine Frau (vielsagenderweise eine Puppenmacherin) sind kinderlos geblieben, ausserdem kam er nach dem Krieg in die Gegend. Da liegt es nahe zu vermuten, dass er im Krieg allerlei erlebt haben könnte.
Missglückte Bekehrung
In einem fruchtbaren Kontrast zu Herrn Sommer stehen die Erinnerungen an verschiedene Kindheitserlebnisse des Ich-Erzählers, die zugleich mit den wenigen persönlichen Begegnungen mit Herrn Sommer verstrickt sind. Nach anfänglichen Schwierigkeiten - der Knabe wohnt als einziger seiner Schulklasse in Unternsee und nicht in Obernsee und ist unglücklich in seine Mitschülerin Carolina verliebt - glückt seine Sozialisation, er entgeht dem Schicksal eines einsamen Sonderlings. Im Gegensatz dazu scheint sich das Leiden Herrn Sommers zu steigern, stirbt doch seine Frau und einzige Bezugsperson. Vielsagend auch die symbolisch zu lesende, missglückte Bekehrungsszene: Während eines grässlichen Gewitters (ein solches wird in "Die Taube" zum reinigenden Gewitter) fahren der Ich-Erzähler und sein Vater im Auto und bemerken den patschnassen Herrn Sommer am Strassenrand. Der Vater stoppt, drängt Herrn Sommer zum Einsteigen, insistiert, und zum ersten Mal hört der Ich-Erzähler einen ganzen, verständlichen Satz aus Herrn Sommers Mund: "Ja so lasst mich doch endlich in Frieden!"
Patrick Süskind behandelt in dieser Geschichte ein sehr ernstes und schweres Thema, den Selbstmord eines einsamen Aussenseiters. Es ist ein Zeichen seiner Prosakunst, dass er Herrn Sommers Lächerlichkeit genauso wie die seinem Schicksal innewohnende Tragik darzustellen weiss, ohne sich auch nur ein einziges Mal im Ton zu vergreifen. Indem er sie nur von aussen, aus der Sicht eines Ich-Erzählers, schildert, kommt er der Figur des Herrn Sommer nicht zu nahe und bewahrt ihr damit jene Rätselhaftigkeit, die nicht nur Selbstmördern eigen sein dürfte.

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