Die Männer, die rudern
"Nicht was sie taten war gefährlich", meint der BBC-Dokumentarist, Archäologe und Historiker Neil Oliver, "sondern an was sie glaubten". In drei Episoden geht die BBC mit ihrem renommierten Moderator auf die Suche nach den wirklichen Wikingern, denen man vielleicht zu Unrecht nachsagt, die "bad boys" der Geschichte gewesen zu sein, denn schließlich wurden auch sie durch Hungersnöte gezwungen, ihr Heimatland zu verlassen und auf Beutezug zu gehen. Aber die Wikinger verfügten auch über ein Handelsnetz in alle damals bekannten Erdteile, sie waren nicht nur Plünderer, Banditen und Piraten, wie ihr Name zu vermuten nahe legt, sondern auch Kulturträger, wie nicht nur die Gründung Kiews oder die Entdeckung Amerikas beweist. Ihre bis zu 37 Meter langen Schiffe waren mit reichem Kunsthandwerk verziert, sie hatten gelernt, Fleisch für ihre langen Reisen nach Übersee haltbar zu machen und nicht zuletzt kämpften sie wie die Berserker, waren tapfer und mutig wie kein anderes Volk, vielleicht auch deswegen, weil sie wie Helden sterben wollten, denn auf der anderen Seite wartete ein ewiges Festbankett in Wahlhalla auf sie - an der Seite von Göttern und Göttinnen.
Der renommierte BBC-Reporter und Archäologe Neil Oliver reist in dieser Dokumentation mit einem Kamerateam an viele Orte der Wikingergeschichte und besucht nicht nur Museen, wo man etwa auch heute noch das berühmte und sehr gut erhaltene Oseberg Schiff bewundern kann, sondern er untersucht auch die Ernährungsgewohnheiten der Wikinger, die etwa fermentierte Getränke gegen Kälte tranken oder wussten, dass man Fleisch mit Molke haltbar machen kann. Mit ihren gefürchteten Langschiffen konnten die Wikinger bis zu 280 Kilometer pro Tag (!) zurücklegen, aber auch ihre Handelsschiffe, die Knorr, segelten mehrere 1000 Kilometer. Eine ihrer ersten Stationen beim Aufbau eines weltweiten Handelsimperiums war zum Beispiel St. Petersburg, das damals noch schwedisch war. In der heutigen Eremitage stellt Oliver etwa einen Schuh vor, aber auch Exkremente der Wikinger, mit denen man heute beweisen kann, dass sie nicht besonders alt wurden. Sie wurden nur zwischen 35 und 50 Jahre alt, wegen Darmbakterien, wie Neil Oliver behandschuht zu verstehen gibt. Die Strecke Norwegen Neufundland betrug etwa 7000 km, 2500 km waren es nach Konstantinopel. Im heutigen Istanbul findet sich im jetzigen Museum Hagia Sophia an einer Ballustrade im oberen Stock eine Runeninschrift: "Halftan war hier". Wahrscheinlich stammte sie von einem Wikinger der Warägergarde, der Leibgarde des oströmischen Kaisers.
Ein halbes Jahr arbeiteten 30-40 Männer an einem bis zu 37 Meter langen Schiffen. Bis zu 90 Bäume wurden für ein Schiff verarbeitet, 285 weitere Holzteile wurden zu Streben, sowie Bast von 4500 Lindenästen, das zu Tauwerk verarbeitet wurde, 8000 Nägel, 200 Kilogramm Wolle aus verbranntem Kiefernholz (Pech). Dafür hatte es dann aber auch 30 Jahre Lebenszeit, so ein Schiff und bot bis zu 60 Ruderern Platz. Eine Knorr, ein Handels- und Lastenschiff, war nur 16 Meter lang und liegt 1,3 Meter im Wasser, kann aber bis zu 20 Tonnen laden, ein Langschiff lag bis 3,5 Meter im Wasser. Und noch ein Detail mag vielleicht verblüffen: In einer arabischen Quelle werden die Männer aus dem Norden "Rus" genannt, also etwa: "die Männer, die rudern" und sie werden als sehr groß, rothaarig und tätowiert beschrieben.
Neil Oliver ist ein wirklich sympathischer Moderator und auch wenn es manchmal etwas typisch trocken britisch zugeht ist die BBC-Dokumentation doch sehr gut geeignet, mehr über ein Volk zu erfahren, über das es auch heute immer noch zu viele Vorurteile gibt. Und genau dafür sind Archäologen und Historiker ja auch da: mehrere Seiten einer Geschichte zu zeigen.

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