Vorbereitet sein
Der Militäranalyst Franz-Stefan Gady plädiert in seinem Buch für eine Sicherheitspolitik, „die auf Abschreckung basiert“ (S. 19). Denn: „An den Krieg zu denken und sich auf ihn vorzubereiten ist das beste Rezept, um ihn zu vermeiden.“ (S. 283) Da die Spannungen zwischen Russland, China und dem Westen zugenommen haben, plädiert Gady dafür, sich für verschiedene Szenarien zu rüsten mit dem Ziel, deren Eintreten zu vermeiden. Denn je deutlicher Europa Russland signalisiert, dass ein Angriff z.B. auf Litauen keinen Erfolg haben wird, desto unwahrscheinlicher wird solch ein Angriff.
Zunächst analysiert der Autor verschiedene Arten von Kriegsgründen in der Geschichte und räumt dabei mit ebenso verbreiteten wie falschen Vorstellungen auf.
Krieg ist keine Naturkatastrophe, sondern eine bewusste Entscheidung, ein Willensakt; als solcher ist Krieg nicht unabwendbar. „Wer einen Krieg beginnt, will mit militärischer Gewalt ein politisches Ziel erreichen.“ (S. 107) Entgegen der weit verbreiteten Annahme, wirtschaftliche Verflechtung von Staaten mache Kriege unwahrscheinlicher, weil sie für alle Beteiligten wirtschaftliche Einbrüche mit sich bringen, war und ist „Hybris“ in der Geschichte seit dem antiken Griechenland ein wichtiger Kriegsgrund, nämlich Arroganz gepaart mit Hochmut bzw. falsch verstandenem Ehrgefühl. Diese Motivation „spielt auch heute noch eine zentrale Rolle, wenn Individuen sich dazu entschließen, Nationen abseits der Staatsräson in den Krieg zu treiben.“ (S. 39) Diese Gefahr droht besonders in autokratischen Regimen. Nachdem Wladimir Putin im Westen, vor allem in Deutschland, falsch eingeschätzt wurde, rät Gady zur Vermeidung weiterer Kriege dazu, „die Persönlichkeitsprofile von Xi Jinping, Kim Jong-un und anderen Autokraten und Diktatoren sehr genau zu studieren, um Beweggründe zu finden, warum sie sich in Zukunft für einen Griff zu den Waffen entscheiden könnten.“ (S. 50)
Außerdem können laut Gady technologische Fehleinschätzungen zu Kriegsausbrüchen beitragen. Der Autor führt mehrere Beispiele an, in denen „Technologieoptimismus“ einen „Kriegsoptimismus“ beförderte (S. 60), indem man glaubte, einen Krieg chirurgisch präzise und unblutig führen und aufgrund der eigenen technologischen Überlegenheit gewinnen zu können. Sowohl beim zweiten Irakkrieg 2003 als auch bei Russlands Überfall auf die Ukraine 2022 spielte „der Glaube an die überwältigende Wirkung von Präzisionswaffen eine wichtige Rolle in der jeweiligen Vorkriegsplanung.“ (S. 59f) In beiden Fällen erwies sich dies als Fehleinschätzung. Die USA hatten nicht damit gerechnet, dass sich nach dem Zusammenbruch der irakischen Armee das Land so schwer befrieden und Aufstände unter Kontrolle bringen lassen würde, Russland ist auf Unterstützung von Iran, Nordkorea und China angewiesen und führt trotzdem schon seit beinahe drei Jahren Krieg in der Ukraine. Nicht nur auf einen schnellen, intensiven und kurzen Krieg müssen Länder sich vorbereiten, sondern vor allem auf einen langen und zermürbenden Abnutzungskrieg, wie Russland in derzeit in der Ukraine führt.
Eine weitere Illusion ist laut Gady, dass sich durch Luftkrieg der Widerstandswille brechen lasse. Nach dem Ersten Weltkrieg galt Krieg als „ein Wettbewerb der Willensstarken“ (S. 131). Trotz gegenteiliger Erfahrungen in Großbritannien, Nazi-Deutschland, Japan, Vietnam und Afghanistan hält sich die Vorstellung einer demoralisierenden Wirkung strategischer Luftkriegskampagnen. Doch weder „die Nordvietnamesen noch die Taliban konnten durch amerikanische Bomben an den Verhandlungstisch gezwungen werden. […] Solange also in der Gesellschaft ein patriotischer Gemeinschaftssinn existiert, der die völkerrechtliche Legitimität des Widerstands untermauert und den Durchhaltewillen stärkt, solange scheint auch die destruktivste Feuerkraft aus der Luft die Moral nicht brechen zu können.“ (S. 135)
Gegenwärtig befinden wir uns „in einem allmählichen Wandel der globalen Ordnung – von einem System, das von der Ordnungsmacht USA dominiert ist“, (S. 27) hin zu der multipolaren Weltordnung, wie sie von Russland und China propagiert wird. Interessanterweise schwächen sich die USA allein schon durch ihre eigenen Diskussionen über den Rückzug aus internationalen Strukturen und Institutionen wie der NATO selbst. Eine Abwendung des Hegemons USA von den etablierten Sicherheitsstrukturen erhöht nach Auffassung des Autors die Wahrscheinlichkeit einer falschen Lageeinschätzung durch andere Mächte und birgt das Risiko eines internationalen Konflikts. Ohne den internen sicherheitspolitischen Konsens nämlich agiert die größte Militärmacht zunehmend unvorhersehbar und reduziert so das „eigene Abschreckungspotenzial“ (S. 103), ein vermutlich nicht gewollter Effekt.
„Eine kluge, langfristig gedachte Sicherheitspolitik“ (S. 107) hingegen kann dazu beitragen, andere von der Entscheidung, einen Krieg zu beginnen, abzubringen bzw. abzuschrecken. In diesem Sinne ist das Buch ein Plädoyer dafür, dass Staaten, vor allem die europäischen Demokratien, erkennen, dass ihr Wohlstand und ihre Sicherheit durchaus von anderen Staaten gefährdet werden können, die ihre territoriale Ausdehnung vergrößern möchten und eine fremde Länder umfassende Einflusszone für sich beanspruchen, die also die Souveränität anderer Staaten nicht respektieren.
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