Eine ganz besondere soziale Heimat
Im Herzen von Augsburg gelegen – und eng verbunden mit der Geschichte dieser Stadt – ist die weltweit bekannte Fuggerei, die dankenswerterweise nicht zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt und sehenswert, aber mitnichten eine Sehenswürdigkeit ist. Die Fuggerei, eine Wohnsiedlung für ausschließlich bedürftige, unbescholtene, römisch-katholisch getaufte Bürger der Stadt, die für 88 Cent Kaltmiete im Jahr und täglich drei Gebete ein behagliches Obdach bewohnen, ist historisch gesehen auch ein Musterbeispiel für den sozialen Wohnungsbau.
Der 23. August 1521 gilt als Gründungstag der Stiftungen. Der kinderlose Jakob Fugger veranlasst den Bau von Wohnungen für arme Leute in nicht einfachen Zeiten. Sein Neffe wird wenige Jahre später die Fuggerei fortführen, und der ursprüngliche Bestand von 52 Wohnhäusern wächst mit der Zeit. Nicht Almosenempfänger finden dort Obdach, sondern Bewohner, die in der Fuggerei arbeiten, ihren Begabungen und Möglichkeiten entsprechend. Etwa 150 Menschen leben heute in der Fuggerei. Die Grundlage für die Finanzierung bildet das Stiftungsvermögen, das der Gründer einbrachte und das mit der Zeit aufgestockt wurde. Sigrid Gribl schreibt: „Zunächst wurde das Geld gegen Zinsen angelegt, ab 1660 in Liegenschaften und Wald. Die Erträge aus dem Stiftungsforst sind bis heute die Haupteinnahmequelle für den Erhalt der Fuggerei, dazu kommen die wichtigen Einnahmen aus den Eintrittsgeldern sowie Mieteinnahmen aus Immobilienbesitz.“ Über 200.000 Gäste aus der ganzen Welt sind in jedem Jahr zu Gast in der Siedlung. Die Fuggerei ist ein „attraktives Ziel“ für Besucher, aber wer dort eintritt, der ist bei Menschen zu Gast, nicht in einem Museum und schaut sich behutsam, vielleicht auch demütig diese sehr besondere soziale Wohnsiedlung an, in der er den Bewohnern auf ihren Straßen begegnet, im Wissen darum: Es sind ihre Straßen, nicht seine eigenen. Der Gast bleibt Gast.
Hausmadonnen und Hausheilige finden sich in der Fuggerei. Die Häuser sind dann unter den Schutz von bestimmten Heiligen gestellt, die während der Zeit, als Augsburg evangelisch wurde, in der Stadt verschwanden, später aber im Barock vereinzelt wiederkehrten: „In der durchgängig katholisch geprägten Fuggerei gibt es hingegen sehr viele Hausheilige, darunter einige in Augsburg einzigartige Darstellungen wie den heiligen Florian.“ Gelungene Illustrationen zeigen diese kunstvoll gestalten Skulpturen.
Die Standardwohnung in der Fuggerei ist etwa 60 qm groß, zudem gibt es Ein-Zimmer-Wohnungen und auch größere für Familien mit Kindern, die bis zu 140 qm groß sind. Die Autorin berichtet aus der Geschichte der Fuggerei: „In schwierigen Zeiten wurden die Wohnungen häufig geteilt, damit mehr Menschen in der Fuggerei Platz fanden. So kamen etwa nach dem Dreißigjährigen Krieg, aber auch während der Industrialisierung oder nach den Weltkriegen oft zwei Parteien in einer Wohnung unter. Selbst einzelne Zimmer mit Küchen- und Toilettenmitbenutzung waren in solchen Phasen begehrt.“ Die Weltgeschichte macht auch nicht vor der Fuggerei Halt, dort ebenso wenig wie anderswo. Schon Jakob Fugger wünschte sich großzügige Wohnungen, denn die Fuggerei sollte sich von den Armenstiften unterscheiden. Anders als dort arbeiteten die Bewohner auch mit: „Viele Handwerker unter den Fuggerei-Bewohnern richteten in der Stube oder in einer Kammer, im Dachboden, Hof oder in der Holzhütte ihre Werkstätten ein. So sparten sie Geld und konnten besser vom Lohn ihrer Arbeit leben.“ Auch direkte Vorfahren von Wolfgang Amadeus Mozart wohnten zeitweilig in der Fuggerei, nämlich dessen Urgroßeltern Franz und Anna.
1580 ließen Markus und Philipp Eduard Fugger die Kirche St. Markus auf dem Gelände der Fuggerei errichten, so dass katholischen Bewohner wieder Gottesdienst feiern konnten. Im Zuge der Reformation waren nämlich in der Nähe gelegene Kirchen evangelisch geworden. Bis heute verfügt die Fuggerei über einen Geistlichen, dem die Seelsorge in der Siedlung anvertraut ist. Einer der ersten in der Fuggerei tätigen Priester war zu Beginn der 1560er-Jahre der später heiliggesprochene Jesuit Petrus Canisius.
Zum 500. Jubiläum wurde in die Zukunft und auf die ganze Welt geschaut, mit dem Projekt „Fuggerei NEXT500“, in der Hoffnung, dass „Fuggereien der Zukunft“ überall auf der Welt entstehen könnten, denn als „Impuls für soziales Wohnen“ – in Deutschland und anderswo – kann die Fuggerei wahrhaft dienen, denn sie zeigt, wie ein menschenwürdiges Leben möglich ist. Gerade der soziale Wohnungsbau sollte, wie die Fuggerei, auf ein „selbstbestimmtes Leben in einer guten Atmosphäre ausgerichtet sein“. Sigrid Gribl berichtet anschaulich davon, dass die Fuggerei auch und gerade in unserer Zeit zu einem Vorbild taugt. Ein Leben in Würde ist möglich. Dazu bedarf es auch, aber nicht nur des Wohnraums, sondern nicht weniger einer intakten Gemeinschaft, die in der Siedlung erfahrbar wird. Die Fuggerei erzählt auch von Zugehörigkeit. Wer dieses Buch zur Hand nimmt und darin liest, wird auch sehen, wie traurig der kalte Zynismus ist, mit dem heute oft über Bedürftige gesprochen wird. Vor allem wird der Leserschaft bewusst: Die Fuggerei ist keine politische Utopie, sondern eine soziale Wirklichkeit – und dies seit mehr als 500 Jahren.
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