Der Kölner Dom im Detail
Dass der Kölner Dom, eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten in Deutschland und eines der bedeutendsten Baudenkmäler der Hochgotik in Europa, nach mehr als dreihundertjähriger Unterbrechung nach 1560 erst im 19. Jahrhundert fertiggestellt wurde, ist sicher den meisten Touristen bekannt; die Einzelheiten im Verlauf dieses für das Mittelalter gigantischen Bauvorhabens sind es sicher weniger.
Insofern ist das Vorhaben des Verlages, die Baugeschichte des Doms zu Köln in Form einer "grundlegenden Einführung für kunsthistorisch Interessierte wie für Besucher und Liebhaber" (Umschlagtext) zugänglich zu machen, anerkennenswert. Leider verfehlt das vorgelegte Buch dieses Ziel und kann lediglich der Fachwelt als Zusammenfassung des Forschungsstandes anempfohlen werden. Für einen nicht einschlägig und gründlich vorgebildeten Leser stellt es schon eine nicht geringe Herausforderung dar, den Text überhaupt zu verstehen - schade um den an vielen Stellen interessanten Inhalt.
Der Besucher ist zunächst beeindruckt von der Einheitlichkeit des Kölner Doms; dies umso mehr, wenn man die lange Bauzeit bedenkt. Um so verblüffender ist zu lesen, dass zwar ein Gesamtentwurf aus dem 13. Jahrhundert existiert, die einzelnen Bauabschnitte jedoch "erst zeitnah [...] im Detail festgelegt wurden" (S. 79), was zu einigen Modifizierungen führte. Diese erläutert der Autor zwar, doch tut er es in einer Fachsprache, die für Laien nur mit Mühe zu entschlüsseln ist: Man erfährt, dass im Binnenchor "die Dienste zwar als Mandelstäbe dem Birnenstabprofil der Rippen insbesondere in ihrer Linienführung angenähert werden, jedoch weiterhin unterschieden bleiben. Die Grundlage für den Wegfall eines trennenden Kapitells war damit nicht gegeben und wurde am Dom erst gegen Ende des 13. Jhs. mit den Planungen für den Südturm geschaffen, nach denen dann im Untergeschoss des Südturms Dienste und Rippen unter Verzicht auf Kapitelle eine fortlaufende Einheit bilden" (S. 44). Derartige Details machen einen Rundgang natürlich spannend. Doch könnte man so darauf hinweisen, dass auch ein Mensch, der sich zuvor nicht näher mit Architekturgeschichte befasst hat, versteht, wovon die Rede ist. Außerdem vermisst man an allen Plänen Angaben zu Himmelsrichtungen, auf die sich der Autor im Text ständig bezieht. Gerne möchte man erfahren, dass die Kathedrale von Amiens beim Bau als Orientierung diente, und auf Einzelheiten hingewiesen werden, die diesen Schluss erlauben; aber das Fachvokabular gehört in einem Buch, das sich an einen breiteren Leserkreis richtet, z.B. in einem illustrierten Glossar erläutert: "Die jochfüllende Einheit von Obergadenfenster und Wimperg umsteht wie eine Giebelfolge die gesamte Architektur des Chors und von dort ausgehend der Querarme sowie des Langhauses. Gerahmt werden sie von hohen Fialen, unter denen die Strebebögen auslaufen, die von den reich mit Blendmaßwerk bestückten Strebepfeilern ihren Ausgang nehmen." (S. 51)
Derart interessante Dinge, wie die Frage, warum man für den Dom im Kontrast zu den vielen romanischen Kirchen der Stadt "die französische Gliederarchitektur" mit den aktuellen "Großbauten" Amiens und Beauvais (S. 63) als Vorbild wählte, werden auf wenigen Seiten nur kurz angerissen. Dahinter stand einerseits der Versuch des Domkapitels, seine Vorrangstellung innerhalb Kölns zu behaupten, andererseits ein neues sakrales Konzept, das die Stadt als Aufbewahrungsort der Reliquien der Heiligen Drei Könige "zu einem der bedeutendsten Orte des Heilsgeschehens machen sollte." (S. 66) Insgesamt widmet sich Beuckers somit zu intensiv der Beschreibung des Bauwerkes und zu wenig der Baugeschichte und den historischen Hintergründen, deren Kenntnis einfach vorausgesetzt wird.
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