Peter Walther: Der Erste Weltkrieg in Farbe

Der Erste Weltkrieg ganz nah

Die Anzahl der Publikationen über den Ersten Weltkrieg anlässlich des 100. Jahrestages seines Ausbruchs hat schier unüberschaubare Ausmaße angenommen, so dass man als Leser kaum mehr einen Überblick behalten kann. Die Frage nach der Auswahl, welches Buch denn des Lesens wirklich wert ist, wird da nur umso bedeutsamer.

Kantine in einem deutschen Schützengraben. Foto: Hans Hildenbrand (Copyright: TASCHEN/LVR LandesMuseum Bonn)
 Französisches Kriegsflugzeug. Im Ersten Weltkrieg spielte zum ersten Mal der Krieg aus der Luft eine Rolle. Briten und Franzosen verfügten bei Beginn des Krieges zusammen über etwa gleichviel Flugzeuge wie die Deutschen. Die Luftaufklärung durch das Royal Flying Corps trug wesentlich dazu bei, dass der deutsche Vorstoß an der Marne gestoppt werden konnte.
Foto: Jules Gervais-Courtellemont (Copyright: TASCHEN)
Motorisierte Lafette mit einem Geschütz zur Luftabwehr, Verdun, 1916. Foto: Jules Gervais-Courtellemont (Copyright: TASCHEN)

So schwer diese Auswahl auch fallen mag - der Band von Peter Walther gehört definitiv zu den herausragenden Neuerscheinungen zum Thema "Erster Weltkrieg" und ist es auf jeden Fall wert, eingehend gelesen und vor allen Dingen auch betrachtet zu werden.

Der Band präsentiert durchgehend Farbaufnahmen aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, von der Front, den zerstörten Orten, den Waffen und Uniformen, vor allen Dingen aber von den Menschen, die diesen Krieg erlebten. Die Bilder reichen geographisch von Deutschland und Frankreich bis hin in die USA und Palästina. Natürlich ist die Auswahl der Bilder keineswegs "objektiv", wie es im Übrigen auch die Auswahl der abgelichteten Objekte durch die Fotografen natürlich nicht war und auch gar nicht sein sollte, denn letztlich war es nur eine Handvoll Fotografen, die in dieser frühen Phase die aufwendigen Methoden der Farbfotografie anwandten, so dass das zugrundeliegende Quellenmaterial beschränkt ist. Nichtsdestotrotz sind diese Bilder ein unschätzbarer Fundus: Dem heutigen Betrachter wird durch die gängigen Schwarz-Weiß-Aufnahmen regelmäßig eine gewisse Distanz zum Ersten Weltkrieg vermittelt, es ist ein historisches Ereignis einer fernen Vergangenheit, ein Stück Geschichte aus einem fremden Jahrhundert. Durch die hier vorgelegten Farbaufnahmen wird diese Distanz spürbar abgebaut, und hinter dem historischen Ereignis kommen Menschen zum Vorschein, die plötzlich in ihrem Tun und Lassen und in ihren Gefühlen greifbar werden. Französische Soldaten in ihren roten Uniformhosen, wie sie vor hölzernen Pferdekarren Essen zubereiten (S. 67), ein Bild wie aus einem Western der 60er Jahre; ein französischer Soldat mit einer Hörvorrichtung zur Ortung von Flugzeugen, Bild einer sich rasant entmenschlichenden und technisierenden Welt (S. 107); ein deutscher Stahlbetonbunker in seiner grauen Tristesse, umgeben vom grünen Gras (S. 270); französische Poilus auf einem Gruppenfoto im Schützengraben 1917, in ihren hellblauen Uniformen und mit ihren Helmen an Feuerwehrleute erinnernd (S. 277) oder die australischen Kamelreiter des Imperial Camel Corps in Palästina 1918, exotische Auswüchse eines brutalen Krieges. All diese Motive, all die lebendigen Bilder geben einen viel unmittelbareren Eindruck vom Geschehen des Krieges, als es die üblichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen vermögen.

Doch auch über die Bilder hinaus ist der Band sehr ansprechend: Nicht nur, dass immer wieder Zitate von Zeitgenossen aus Tagebüchern und Briefen parallel zu den Bildern angeführt werden, auch die begleitenden und einleitenden Texte vermögen zu überzeugen. Natürlich sind sie äußerst knapp gehalten, doch spiegeln sie den aktuellen Forschungsstand wider und vermeiden auch in diesem Bereich die Schwarz-Weiß-Malerei manch älterer Publikationen: "Ohne eine Vorstellung davon zu haben, welche Dimensionen dieser Krieg annehmen würde, gab es auf allen Seiten - neben mäßigenden Kräften - auch solche, denen daran gelegen war, das Attentat als passende Gelegenheit zu nutzen, die in Europa aufgestauten Konflikte militärisch zu lösen." (S. 19) - viel besser kann man die Situation im Juli 1914 wohl kaum in einem einzigen Satz zusammenfassen. Ergänzt werden diese Texte durch eine kurze Einführung zur frühen Entwicklung der Farbfotografie und Biographien der Fotografen sowie der zitierten Brief- und Tagebuchschreiber.

Es bleibt zum Abschluss nur, dem Verlag zu einem rundum gelungenen Buch zu gratulieren, dem eine weite Verbreitung über die Fotografie-Enthusiasten hinaus zu wünschen ist - dieser Band sollte zur Pflichtlektüre eines jeden gehören, der sich mit dem Ersten Weltkrieg auseinandersetzt.

Der Erste Weltkrieg in Farbe
Der Erste Weltkrieg in Farbe
383 Seiten, gebunden
Taschen 2014
EAN 978-3836554176

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