Die Kraft des Guten
Schon onomatopäisch erinnert der Titel an Charles Dickens' David Copperfield. Die Autorin lehnt sich mit voller Absicht an den englischen Klassiker der sozialkritischen Literatur des 19. Jahrhunderts an. Mit Demon Copperhead nimmt sie die Verhältnisse in den USA im 21. Jahrhundert unter die Lupe: Rassismus, Oxy-Krise und das Elend der Elternlosen.
Melungeonblut wie Elvis und Lincoln
Der Halb- und bald Vollwaise Demon Copperhead wächst in verwahrlosten Verhältnissen auf. Sein richtiger Vater ist entweder tot oder verschollen, seine Mutter drogensüchtig und sein Stiefvater ein echtes Arschloch. In den Wäldern Virginias, dem Land der Tabakfarmer und Schwarzbrenner, wird er in eine Welt geworfen, die für junge Leute so gar nichts zu bieten hat. Der kupferrote Haarschopf könnte auf sein Melungeon-Blut zurückzuführen sein, wie er vermutet. Die Bezeichnung, die einst pejorativ für die Bewohnerinnen und Bewohner der Appalachen gewählt wurde, erfüllt heute die Funktion einer Identifikationsmöglichkeit in dem durch Identity Politics so gespaltenen Land. Als seine Mutter auf Entzug gehen muss, wird er von der Jugendwohlfahrt bei Pflegefamilien untergebracht. Dort wird er als unbezahlte Arbeitskraft ausgebeutet und begreift bald, dass es für Leute wie ihn ein bereits vorbestimmtes Schicksal gibt: Armut, Pflegefamilien, Drogensucht, erste Liebe und unermesslicher Verlust. Und das alles fast täglich von Neuem.
Hinzu kommt der alltägliche Rassismus, der ihn als Waisenkind mit roten Haaren zusätzlich trifft. Denn die Probleme von Demon sind auch die Probleme des ganzen Landes: Die Oxy-Krise hat eine ganze Generation von jungen Menschen zerstört, der Rassismus gleich mehrere Generationen. Aber vielleicht kann dieses Land doch noch heilen, wenn der alte Geist seiner Gründerväter es wieder vereint? "Charles Dickens, ein uralter Typ, längst tot und außerdem Ausländer, aber Herrgott, er hat es echt gut beschrieben, wie Kinder und Waisen beschissen und ausgebeutet werden und es keinen Furz interessiert", so Demon Copperhead selbst in seiner jungen, erfrischenden Sprache.
Melungeon Hillbilly Road Blues
Die Autorin Barbara Kingsolver, 1955 in Kentucky geboren, lebt heute mit ihrer Familie selbst auf einer Farm in Virginia. Der Krieg gegen die einfachen Leute auf dem Land, der von den Medien geführt wird, betrifft sie vielleicht sogar selbst. Denn wie schreibt sie so treffend in ihrem Roman: Leute, die ihr Zeug selbst anbauen und eher zur Tauschwirtschaft tendieren, sind schwerer zu kontrollieren und weniger zu besteuern. Das stört die Stadtbewohner und Geldverdiener und so erfanden sie den primitiven Hillbilly oder Redneck, der in Wirklichkeit den eigentlichen Freiheitskampf verkörpert, der der Gründung der USA in die Wiege gelegt ist: gegen die Obrigkeit, den fernen König in England und die Unterwerfung unter den schnöden Mammon. Natürlich - ein bißchen romantisierend ist das schon - aber es könnte zum Teil wenigstens die aktuelle politische Krise erklären helfen. Ihr Demon Copperhead verkörpert dabei genau den Hoffnungsschimmer, den es vielleicht braucht, damit die Wahlen im Herbst 2024 doch noch ein gutes Ende nehmen. Denn Demon meistert nicht nur seine persönliche Krise, sondern auch die seiner Gemeinschaft.

Die „Faktenchecker“ vom Dienst
Alexander Teske hat ein ausnehmend kritisches Buch über die noch immer beliebteste deutsche Nachrichtensendung geschrieben, anregend, kenntnisreich, provokativ und ungemein lesenswert.
inside tagesschauSchneeweiße Trauer
„Unmöglicher Abschied“ behandelt das Massaker, dem 1948 auf der südkoreanischen Insel Jeju 30.000 Menschen zum Opfer fielen. Inseon, die Tochter eines Überlebenden und Nichte eines Ermordeten, sammelt Zeitzeugenberichte und arbeitet die Geschichte auf. Schließlich möchte sie die Leiden ihres Volks in einem monumentalen Kunstwerk darstellen.
Unmöglicher AbschiedOrwell? Malraux? Hemingway? Nein, Ilse Barea-Kulcsar!
Ein fast vergessener Roman aus dem Spanischen Bürgerkrieg.
TelefónicaMerkels Politik der Alternativlosigkeit
Anders als der journalistisch-pointierte Titel und der plakative Untertitel suggerieren, setzt sich Martin Heipertz sachlich fundiert mit der Merkel-Ära auseinander.
MerkelismusDas katholische Paralleluniversum
Die Thesen und Einschätzungen der Autoren in diesem Aufsatzband bergen Diskussionsstoff und setzen ein deutliches Fragezeichen hinter den Synodalen Weg.
An den Früchten erkennt man den BaumEine Reise in die Vergangenheit, die im geografischen Nichts endet
Peter Handke ist 1961 erstmals in das Land seiner slowenischen Vorfahren gereist. Damals hieß es noch Jugoslawien. Literarisch aufgearbeitet hat der Autor diese Annäherung in seinem Roman "Die Wiederholung".
Die Wiederholung