Das Gewissen der Tauben
"Der Atem des Himmels" (Amalthea, 2005), das Debüt des Rockprofessors aus dem Ländle (3 Millionen verkaufte Tonträger), wurde von ihm höchstpersönlich mit Frau und Tochter in tragenden Rollen auch verfilmt (2010). Mit "Das Gewissen der Tauben" legt der umtriebige Singer-Songwriter, Drehbuchautor, Filmemacher und Schriftsteller eine politische Liebesgeschichte nach, die in den 50ern spielt und immerhin an den Grundfesten der Nachkriegsordnung rüttelt.
Politik und Liebe in den Fünfzigern
Die sog. "rat-line" führte von Mitteleuropa über Italien in den Vatikan und von dort nach Südamerika. Über dieses Netzwerk wurden nach dem Krieg ehemalige Nazis in Sicherheit gebracht. In Sicherheit vor dem Zugriff der Behörden, die sich eine Entnazifizierung auf die Fahnen geschrieben hatten. Das prominenteste Beispiel dabei war sicherlich Adolf Eichmann, der aus Argentinien entführt werden musste, um ihm in Israel 1960 den Prozess machen zu können. Auch Eva "Santa Evita" Perón soll dabei eine gewichtige Rolle gespielt haben, wie auch Reinhold Bilgeri in seinem neuen Roman, der auf wahren Grundlagen beruht, erwähnt. Der Autor hat auch persönliche Informationen verwendet, so stammen etwa die Tagebuchauszüge im Roman tatsächlich von seinem Vater, der sich nach dem Krieg noch in griechischer Kriegsgefangenschaft befand. Seinen neuen Roman widmet er seiner Tochter Laura, die gerade an einer musikalischen Karriere arbeitet. Im Roman geht es aber um die junge Gerda Fässler, die sich in einen sogenannten Fluchthelfer verliebt, was ja an und für sich noch nichts Schlimmes ist. Allerdings ist besagter Piero Burkhardt mitsamt seinem Vater René in eine Fluchtorganisation verwickelt, die ausgerechnet ehemalige Nazis aus Europa nach Übersee verfrachtet und ihnen so ihr Leben rettet. Als Gerda bemerkt, dass sie von ihrem lieben Schweizer schwanger ist, entfesselt sich eine Jagd quer über den Erdball.
Brain Drain und Antikommunismus
Die geplatzte Hochzeit zwischen Piero und Gerda wird zum Ausgangspunkt einer aufregenden Jagd durch die Kontinente, denn die Handlung spielt sowohl in Ägypten, Italien, Paris, Bern, Buenos Aires als auch Wien und Hohenems, von wo der Autor stammt. Tatsächlich verwendet er einige Vorarlbergismen ("Auf der Brennsuppe dahergschwommen", "ästimiert", "verreckt Siächa", "Kindskopf", ...), die durchaus ihre Berechtigung haben, da die Verwandtschaft seiner Protagonistin auch von dort stammt. Zudem liegt Vorarlberg nahe an Paris und Bern, woher Piero eigentlich stammt. Das "Sommerland" nennt Gerda Vorarlberg in einer zärtlichen Anwandlung, das "vertraute Gefühl von Heimeligkeit stellt sich wie eine warme Hand, die unter Kleider kroch" ein, sobald sie den Arlberg passiert. Der Hauptschauplatz von "Das Gewissen der Tauben" ist eindeutig das Wien der 50er-Jahre, das Bilgeri wie im "Dritten Mann" als Umschlagplatz von allerlei Spionen und Geheimdienstaktivitäten charakterisiert, vor allem aber als Tummelfeld von Ex-Nazis, denn der Staat brauchte das qualifizierte Personal genauso wie die Alliierten, die sich z. B. um Techniker des Dritten Reichs u. ä. nur so rissen. "Das ist der Wettlauf um die besten Köpfe der Deutschen", schreibt Bilgeri zornig und klagt damit nicht nur mangelnde Entnazifizierung bei uns an, sondern auch die Weiterverwertung von Nazis gegen den Kommunismus. Der Kalte Krieg begann bekanntlich schon 1947, Truman lässt grüßen.
Finale mit Jimi Hendrix
Damit nicht genug, wurde Schriftstellern wie Max Riccabona nach dem Krieg die Pension verwehrt, während Nazischriftsteller Apanagen einheimsten und mit Preisen überschüttet wurden, obwohl sie nie Reue gezeigt hatten. Diese scheinbare Idylle der 50er, in der die Menschen endlich wieder einmal einfach nur leben wollten und alles andere beiseite schoben, sollte sich später rächen. Spätestens als im Radio die Hits von Jimi Hendrix erklangen. Zum Text von "Hey Joe", einem der Hits des Gitarreros, lässt Reinhold Bilgeri seinen Roman in einem fantastisch anmutenden Finale ausklingen und zeigt, dass Literatur vor allem eines kann: für ein Happy End sorgen, obwohl alles andere hoffnungslos erscheint.
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