Charles Bukowski: Hello, it's good to be back!

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Charles Bukowski war ein außergewöhnlicher Mann. Er, 1920 im deutschen Andernach geboren und am 09.03.1994 in Los Angeles an Leukämie verstorben, konnte seinen Lebenstraum verwirklichen, was nur wenigen Menschen mit einer ähnlichen Biographie gelingt. Er hat über reichlich lange Umwege das erkämpft, was er immer sein wollte: Schriftsteller. Und zwar nicht einer der Null-Acht-Fuffziger-Sorte, sondern ein Poet der besonderen Art.

In ärmlichen Verhältnissen aufwachsend, seitens eines sadistischen, absolut verspießten, scheinmoralischen Vaters körperlich sowie geistig gequält und von einer schrecklichen Akne-Erkrankung gekennzeichnet, lernte Henry Charles Bukowski, kurz "Hank’ schon in jungen Jahren, die Dinge zu nehmen, wie sie halt sind. Bereits zu dieser Zeit entwickelte der später sogenannte "Outsider" der US-Literatur zwei Dinge, die sein Dasein erheblich beeinflussten. Zum einen eine eigene Art der Philosophie, die, stark vereinfachend, das Leben als im Grunde irrsinnig-überflüssig erkennt. Zum anderen bildet sich der unüberwindliche Wunsch heraus, aus der für ihn erstickenden Tretmühle der Anderen - Job, Aufstieg, Frau, Haus, Kinder, besserer Job, neues Haus, neue Frau, neue Kinder usw. - zu entkommen. Sein Ehrgeiz hatte nicht die "goldenen Scheisshäuser der Kultur" (C. Bukowski) im Blick, sondern nur einen einzigen Fokus: Vom Schreiben Leben zu können. Leben bedeutete für ihn Trinken (nicht zu knapp), Essen, Wohnen, Schlafen und in Ruhe gelassen zu werden. Illusionären Träumen, mit seinen lebendig-toten Mitmenschen möglicherweise die verkorkste Gesellschaft verändern zu können, gab er sich nie hin. Der Erfolg kam spät. Lange, viel zu lange, musste Hank verschiedenste Drecksarbeiten durchstehen, um irgendwie über die Runden zu kommen. Nicht alleine die verrückt-versoffenen "Bitches", mit denen er immer wieder eine Art Hass-Liebe-Beziehung einging, sondern vor allem die stupiden Jobs machten ihm das Leben zur Hölle. Ob als Leichenwäscher, Toilettenmann, Arbeiter in einer Hundekuchenfabrik, Nachtwächter, Erntehelfer oder später als Angestellter der Post der Vereinigten Staaten. Es dauerte sage und schreibe bis zu seinem 49. Lebensjahr, ehe Charles Bukowski es wagte, die "normale" Arbeit an den Nagel zu hängen, es versuchte, alleine durch das Schreiben über die restlichen Runden irdischer Existenz zu kommen. Den ersten größeren Erfolg brachte ihm sozusagen sein letzter wirklicher Job, eben die Beschäftigung bei der Post. Unvergessen bis heute der Roman "Post Office" (in Deutschland: "Der Mann mit der Ledertasche").

Bukowski schrieb, wie er das Leben erlebte, direkt, ohne Schminke, teilweise hart und vielen aufgetakelten Schöngeistern zu vulgär, in der Grundsubstanz aber immer weise, melancholisch, liebevoll, selbstironisch. Mit dem Image eines sexistischen Säufers und Randalieres, welches die Mainstream-Medien nur allzu gerne aufgegriffen haben und bis heute verbreiten, spielte der US-Schriftsteller gekonnt. Das Ergebnis: Selbst in unseren Tagen erkennen Journalisten oder selbsternannte Literaturpäpste nicht die "warmherzige, melancholische Grundierung" seines Lebenswerkes (Jürgen Roth), sondern verbleiben bei schlichten Plattheiten. Dabei wird (fast) immer die tatsächliche Schüchternheit, ja Ängstlichkeit Bukowskis vor Menschen im Allgemeinen und Zuhörern seiner Lesungen im Besonderen schlicht nicht zur Kenntnis genommen. Ferner übersieht man gerne, dass der Autor - im Gegensatz zu vielen seiner selbstverliebten Kollegen - Lesungen eigentlich hasste. Hank machte sie nur widerwillig, meist auf Druck seiner Verleger. Heute würde man sagen, um die Kundenbindung zu gewährleisten.

Die einzige Lesung des Charles Bukowski in Deutschland, die am 18.05.1978 in der ausverkauften Hamburger Markthalle vor etwa 1200 Fans und Gegnern stattfand, hat nunmehr lobenswerterweise der Verlag Zweitausendeins, der sie damals schon als Schallplatte veröffentlichte, als CD auf den Markt gebracht. Es ist ein Genuss, wie die ruhige, klare Stimme des gerne so genannten "Dirty-Old-Man" wunderbare Gedichte - selbstverständlich im US-English - vortrug. Um seine Nervosität zu beruhigen, mussten in seiner Nähe zwei Flaschen Weißwein stehen - immer in Reichweite. Es floss aber eben nicht, wie von selbsternannten Bukowskiexperten bis heute verbreitet wird, flaschenweise Hochprozentiges. Dem Vortragenden gelang es, äußerst cool mit den Anfeindungen mehrerer Krakeeler umzugehen, beispielsweise, indem er einen dieser Störer aufforderte, nach Hause zu gehen, wo doch Mama bereits mit Milch auf ihn warte. Wem die Umstände des Auftrittes von Bukowski in Hamburg als auch seine zuvor in der französischen Fernsehsendung "Apostrophes" durchgestandenen Provokationen des Moderators interessieren, kann das gesamte Geschehen übrigens in dem mehr als empfehlenswerten Bukowski-Buch "Die Ochsentour" nachlesen.

11,90 Euro für etwa 45 Minuten gesprochenen Literaturgenusses sind zwar etwas happig, der Inhalt dieser klasse CD entschädigt allerdings den Preis. Wer Charles Bukowski mag oder ihn noch gar nicht kennt, sollte zugreifen. Versteht man nicht alles im amerikanischen Original, so sind im Booklet die deutschen Texte von Carl Weissner, des Autors deutschem Freund und Übersetzer, sicherlich sehr hilfreich.

Hello, it's good to be back!
Hello, it's good to be back!
Audio-CD (47 Minuten Spielzeit)
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