Risikovorsorgepolitik von Banken
"Von jeher handeln Kreditinstitute nach dem Motto: »Eine Bilanz ist nichts, was ist, sondern etwas, was gemacht wird.« Wohl in keinem anderen Wirtschaftszweig besitzt deshalb die handelsrechtliche Bilanzpolitik als fester Bestandteil der Unternehmenspolitik einen derart hohen Stellenwert wie im Kreditgewerbe. Gerade Banken denken und handeln wesentlich bilanzbewusster als Nichtbankunternehmen. Kreditinstitute sehen in der Veröffentlichung eines HGB-Abschlusses ein hervorragendes Mittel zur zweckorientierten Beschreibung des Unternehmensgeschehens. Zentral sind hierbei die bilanzpolitischen Möglichkeiten, die die Regelungen der §§ 340f und 340g HGB den Banken bieten."
Ausgehend von dieser Feststellung im Vorwort des vorliegenden Buches macht das Verfasserduo die mit der Untersuchung verfolgte Zielsetzung deutlich. Im Kern geht es um die eingehende Analyse der Voraussetzungen und Maßstäbe zur Bildung und Nutzung des Fonds für allgemeine Bankrisiken gemäß § 340g HGB sowie um eine Beurteilung der Zweckmäßigkeit dieser Vorschrift ebenso wie die des § 340f HGB in der heutigen Zeit. Damit knüpfen die Inhalte dieses Bandes an zahlreiche frühere Publikationen der beiden renommierten Bankexperten Hartmut Bieg und Gerd Waschbusch (früherer bzw. derzeitiger Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insb. Bankbetriebslehre der Universität des Saarlandes) zur stillen und offenen Risikovorsorgepolitik von Banken an und führen die dort dargelegten Überlegungen fort.
Die vorliegende Untersuchung gliedert sich in sechs Kapitel. Im Anschluss an das erste Kapitel, das in die Thematik und den Aufbau des Buches einführt, werden die folgenden Themenbereiche, wissenschaftlich fundiert sowie umfassend und grundlegend, bearbeitet:
Kapitel 2 geht auf die Theorie der Rücklagen im Rahmen der handelsrechtlichen Rechnungslegung ein. Zuerst wird dargestellt, was unter Eigenkapital zu verstehen ist. Danach werden die Veränderungen des Eigenkapitals durch erfolgsunabhängige und erfolgsabhängige Transaktionen erörtert und insbesondere die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen offenen und stillen Rücklagen herausgearbeitet.
Kapitel 3 befasst sich detailliert mit den in den §§ 340f und 340g HGB eingeräumten Möglichkeiten der offenen und stillen Vorsorge für allgemeine Bankrisiken in den Handelsbilanzen von Kreditinstituten und stellt auch deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede gegenüber.
Kapitel 4, der Schwerpunkt des Buches, setzt sich mit dem theoretischen Fundament der §§ 340f und 340g HGB auseinander und geht damit auch auf die Argumente ein, mit denen dem Kreditgewerbe seinerzeit die Durchsetzung der bankspezifischen Sonderregelungen gelang. In diesem Zusammenhang wird ausführlich auf den Hintergrund (und auf die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten im weitesten Sinne) der gesetzlichen Regelungen der Gewinnermittlung und der Gewinnverwendung eingegangen, die in dem am 1. Januar 1900 in Kraft getretenen Handelsgesetzbuch, in den Aktiengesetzen von 1937 und 1965 sowie in dem im Rahmen der Aktienrechtsreform von 1965 in das Kreditwesengesetz eingefügten § 26a KWG a.F. zu finden sind.
Kapitel 5 dient der Erörterung ausgewählter Einzelfragen, d. h. es werden vornehmlich mit Blick auf den Fonds für allgemeine Bankrisiken Antworten auf verschiedene Problemstellungen gegeben, die sich aus der Anwendung des § 340g HGB ergeben. Dies betrifft vor allem die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe, etwa der "allgemeinen Bankrisiken" bzw. der "besonderen Risiken des Geschäftszweigs der Kreditinstitute", sowie zum Beispiel die Beurteilung der Notwendigkeit und der als zulässig angesehenen Höhe der Dotierung eines Sonderpostens für allgemeine Bankrisiken. Dabei wird auch deutlich, dass sich viele der gewonnenen Erkenntnisse auf die Beurteilung von Einzelfragen im Hinblick auf die Möglichkeit der Bildung und Auflösung bankspezifischer stiller Vorsorgereserven gemäß § 340f HGB übertragen lassen.
Kapitel 6 – das abschließende Fazit – fasst die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung zusammen und beurteilt diese perspektivisch. Als zentrales Ergebnis wird schlüssig herausgearbeitet, dass die mit den Regelungen der §§ 340f und 340g HGB vom Gesetzgeber ausschließlich verfolgte Zwecksetzung, nämlich die Verhinderung eines allgemeinen Bankenruns, nicht mehr zeitgemäß ist. Der Schutzgedanke, der seinerzeit als Begründung dafür angeführt wurde, den Banken sowohl eine stille als auch eine offene Risikopolitik zu ermöglichen, hat sich nach Ansicht der Verfasser überlebt. Deren Überlegungen münden im Ergebnis unmissverständlich in der Aufforderung an den Gesetzgeber, die §§ 340f und 340g HGB ersatzlos zu streichen.
Das Buch ist als Band 50 der Reihe "Wettbewerb und Regulierung von Märkten und Unternehmen" erschienen und "wendet sich an Leser, die sich umfassend und grundlegend mit dem Thema der bankspezifischen Vorsorgereserven gemäß den §§ 340f und 340g HGB auseinandersetzen wollen", d. h. angesprochen werden vor allem verantwortliche Entscheidungsträger in der Politik sowie in den Kreditinstituten und in den Bankenaufsichtsbehörden. Darüber hinaus richtet sich das Buch auch an die verschiedenen Adressaten einer Bankbilanz sowie an die Mitarbeiter von Prüfungsgesellschaften, welche in der Bankprüfung eingesetzt werden. Nicht zuletzt kann dieses Werk auch Lehrenden und Studierenden an Hochschulen und Akademien, die sich mit Fragen der Bilanzierung von Banken befassen, bestens empfohlen werden.
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