Die Bewertung von kleinen und mittelgroßen Unternehmen
Der Aussage der beiden Verfasser kann zugestimmt werden, dass die Unternehmensbewertung zu einer der "Königsdisziplinen" der Betriebswirtschaft zählt und in der Praxis ein spannendes und herausforderndes Tätigkeitsgebiet darstellt. Während sich jedoch die meisten Lehrbücher zu diesem Thema weitgehend nur mit großen börsennotierten Kapitalgesellschaften befassen, bezieht sich der vorliegende Band auf die Bewertung von kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU). Diese haben zum einen in der deutschen Wirtschaft eine wesentliche Bedeutung – ca. 99,6% der Unternehmen in Deutschland zählen nach der Definition des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) zu den KMU – und zum anderen zeichnen sie sich als Bewertungsobjekte dadurch aus, dass sie oftmals stark von der Person des Eigentümers bzw. Unternehmers geprägt sind. Deshalb hat die Bewertung zusätzliche individuelle Besonderheiten umfassend zu berücksichtigen.
Die Autoren Susann Ihlau und Hendrik Duscha, beide Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, verfügen über langjährige und weitreichende praktische Erfahrungen bei der Bewertung von KMU bzw. in den Bereichen Audit und Corporate Finance. Vor diesem Hintergrund befassen sie sich sehr praxisnah mit der Materie, was zweifelsohne den besonderen Reiz dieses Bandes ausmacht. Das von ihnen vorgelegte Grundlagenwerk bietet nicht nur einen systematischen Überblick über die gängigen Bewertungsmethoden, sondern liefert zugleich konkrete, praxisorientierte Lösungen, welche der Komplexreduktion und damit auch der effizienteren Bewertung von KMU dienen. Der in der Unternehmensbewertung unerfahrene Leser wird hierzu mittels einer Gliederung in drei Teilbereiche schrittweise an die themenrelevanten Zusammenhänge herangeführt.
Aufgrund der Heterogenität der KMU existiert keine allgemeingültige Definition dieses Unternehmenssektors. Deshalb werden im ersten Teil anhand von quantitativen und vor allem auch anhand von qualitativen Merkmalen die Unterschiede von KMU, einschließlich der Start-up-Unternehmen, im Vergleich zu Großunternehmen untersucht, die Besonderheiten von KMU beschrieben sowie abschließend deren Bedeutung und Chancen im Kontext aktueller Managementtrends und Globalisierung thematisiert. Die Verfasser weisen dabei deutlich darauf hin, dass die von ihnen aufgezeigten positiven Entwicklungstrends für KMU nicht darüber hinwegtäuschen dürfen, dass der Mittelstand aktuell vor einem erheblichen Nachfolgeproblem steht. Infolgedessen besteht auch ein hoher Beratungsbedarf, der neben rechtlichen und steuerlichen Fragen insbesondere auch die Ermittlung des Unternehmenswerts einbezieht.
Im zweiten Teil werden die Grundlagen der Bewertung von KMU thematisiert. Dabei geht es zunächst um einen Überblick über die unterschiedlichen Bewertungsanlässe – etwa Kauf/Verkauf, MBO/MBI, Eintritt und Ausscheiden eines Gesellschafters, familien- und erbrechtliche Auseinandersetzungen, umwandlungsrechtliche und steuerliche Anlässe sowie Sanierungs- und Finanzierungsanlässe, einschließlich Börsengang. Nach einem Überblick über die unterschiedlichen Funktionen der Unternehmensbewertung und über die relevanten Standards bzw. Richtlinien folgt mit der Darstellung der verschiedenen Bewertungsverfahren der eigentliche Schwerpunkt des zweiten Teils. In ihm werden vor allem die kapitalwertorientierten und marktpreisorientierten Verfahren sowie Einzelbewertungsverfahren und vereinfachende Bewertungsverfahren ausführlich vorgestellt und für die unterschiedlichen Bewertungsanlässe beurteilt. Abschließend werden die wichtigsten Elemente des Bewertungsprozesses, insbesondere die Abgrenzung des Bewertungsobjekts, die Festlegung des Bewertungsstichtags, die Qualität und der Umfang der zur Verfügung stehenden Informationen, einschließlich Vergangenheitsanalyse und Planungsplausibilisierung, und nicht zuletzt die Bestimmung des risikoadäquaten Kapitalisierungszinssatzes, referiert.
Der dritte Teil befasst sich mit den Besonderheiten bei der Bewertung von KMU. Dies betrifft zum einen die Problematik der Prognose der finanziellen Überschüsse. In diesem Zusammenhang geht es u. a. um die personenbezogenen Einflüsse auf die operative Ertragskraft, die Vergütung von Geschäftsführung bzw. Familienmitgliedern, die Abgrenzung von privatem und betrieblichen Vermögen sowie die Kapitalstruktur und Finanzierung. Des Weiteren werden der Umgang mit eingeschränkten Informationsquellen, mögliche Bereinigungen und Instrumente im Zusammenhang mit der Vergangenheitsanalyse und der Planungsrechnung sowie die Berücksichtigung von Steuern behandelt. Zum anderen wird die Art und Weise der Kapitalisierung der künftigen finanziellen Überschüsse, insbesondere die Anpassung des Kapitalisierungszinssatzes zur Bewertung der KMU, eingehend erläutert. Abschließend zeigt eine tabellarische Zusammenfassung, wie die möglichen Besonderheiten von KMU sowohl bei der Ermittlung subjektiver als auch objektiver Unternehmenswerte systematisch beachtet werden können.
Für die vorliegende 2. Auflage wurde das Werk umfassend aktualisiert. Es berücksichtigt die aktuellen IDW Standards und legt auch ein Gewicht auf den Einfluss der Digitalisierung und auf die Besonderheiten bei der Bewertung von Start-ups. Das Buch besticht nach wie vor durch die gelungene Praxisorientierung, ohne jedoch eine klare und gut verständliche theoretische Fundierung zu vernachlässigen. Damit eignet sich die Publikation sehr gut für die von den Autoren in erster Linie ins Auge gefasste Zielgruppe, nämlich Unternehmer, welche die Bewertung von KMU verstehen und die ihnen vorgelegten Bewertungsgutachten inhaltlich und methodisch nachvollziehen möchten. Daneben kann das Werk auch Gutachtern, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Mitarbeitern von M&A-Abteilungen großer Unternehmen empfohlen werden, welche dadurch viele nützliche Informationen und praktische Hinweise zur Bewertung von KMU erhalten. Nicht zuletzt ist das Buch auch für Studenten an Hochschulen von Interesse, die sich in speziellen Lehrveranstaltungen und/oder im Rahmen von Bachelor- bzw. Masterthesen mit dieser Thematik befassen.
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