Mama Mia eine tote Bella Donna
Ein Mord geschieht. Auf dem Damenklo eines Restaurants. Die Gerichtspathologin Sara Linton hat sich gerade mit ihrer Schwester verspätet zu einem Essen niedergelassen. Zufällig in diesem Restaurant. Da ruft die Natur und Sara eilt zum WC. Dort stolpert sie geradezu über die langsam ausblutende Frau. Diese stirbt in ihren Armen. Schnell kommt die Polizei in Gestalt ihres Exmannes Jeffrey Tolliver. Dieser, geistesschnell und blitzeshelle wie kaum ein Mann im Westen seit Lucky Luke, stellt fest: "Das ist die Schwester meines Detektivs!" Gespanntes Schweigen zwischen den beiden. Dann die Frage von Mann an Frau: "Geht es dir gut?"
Lesen bildet!
An diese Frage muss man sich gewöhnen, denn sie kommt oft vor und nervt nicht nur Sara sondern auch den Hörer. Auch sonst gibt es einiges, was suboptimal gelöst wurde doch wollen wir nicht zu streng sein, denn immerhin handelt es sich hier um ein Debut. Zumindest für Karin Slaughter, denn für den Hörer ist es eher ein Déjà-vu-Erlebnis. Schön an dieser Art von Romanen ist es, dass man gleichzeitig mit einem austauschbaren Plot viele neue Fremdwörter kennen lernt. Zum Beispiel wusste vor ein paar Jahren vermutlich niemand außerhalb der Ärzteschaft, was ein "forensischer Pathologe" ist. Auch die verschiedenen Funktionen innerer Organe und ihr Zusammenspiel untereinander ist für Hörer der "Autopsie-Thriller" kein Buch mit sieben Siegeln mehr. Und fast blind nimmt heutzutage so mancher Hörer bei Bedarf einen Y-Schnitt oder eine Biopsie am Teddy vor.
Besonders nervig neben der Gleichförmigkeit der Plots ist die Duplizität der persönlichen Probleme der häufig weiblichen Protagonisten. Sie sind so um die dreißig, geschieden, intellektuell, schwierig, einsam und schwafeln seitenlang von ihren großen und kleinen Befindlichkeiten, die letztendlich nichts mit der Geschichte zu tun haben und allenfalls dazu dienen, die ohnehin schon flachen Stories noch um ein paar völlig unnötige Seiten zu verlängern.
Wie jubelt da das Ohr eines jeden Hörers, wenn sich mal ein Autor an ein anderes Thema heran wagt. Wie hüpft das Herz vor fassungslosem Staunen, wenn die Protagonistin keine Pathologin ist. Tränen der Dankbarkeit strömen dem Leser aus den Augen, wenn kein Serienkiller sein Unwesen treibt und das Revoltieren des Magens hört auf, wenn mal niemand in ekelhaften Einzelheiten einer Obduktion schwelgt.
Was waren das noch für Zeiten, als Miss Marple Täter einfach mit Intuition und Hirn überführte. Heute merken die Ermittler in den Romanen doch erst, wer der Täter ist, wenn er mit einem "Ich bin's"-Schild rumläuft. Wer meint, dass es spannend ist, wenn alle im Roman und die Leser schon lange wissen, wer der Täter ist und nur die als intelligent und scharfsichtig vorgestellte Protagonisten benötigt einen rotblinkenden, zwei Meter großen Pfeil, um auf die naheliegendste Lösung zu kommen, der irrt.
Zurück zum vorliegenden Hörbuch. Die Protagonistin nervt mit ihren Eheproblemen und ist nicht fähig, nach zig Jahren ihrem Ex den Laufpass zu geben. Blind tapern die beiden durch die Weltgeschichte und ein weiterer Mord geschieht. Sara bekommt noch Ärger mit ihrer Familie, weil diese nicht will, dass sie sich weiterhin mit ihrem Ex trifft. Und das ganze zieht sich 4 von 5 CDs hin. Erst auf der letzten CD, also ungefähr 20 % des Hörbuches, kommt so etwas wie Spannung auf. Die Lesung des gekürzten Hörbuches durch Iris Böhm kann auch nicht aus dem Feuer reißen, was keine Funken versprüht.
Fazit: Der ideale Roman für zwischendurch in der Tradition der Autopsie-Thriller. Wer die frühen Kathy-Reichs-Romane oder die frühen Patricia-Cornwall-Romane mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Wer intelligente Unterhaltung sucht, wird woanders fündig.

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