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Uwe Fleischer, Helge Trimpert: Wie haben sie\'s gemacht...?

Die Tricktechnik der Babelsberger Filmstudios

Die "Babelsberger Filmstudios" sind auch heute noch jedem Deutschen ein Begriff und bei unzähligen Menschen dürfte die Erwähnung der DEFA immer noch nostalgische Erinnerungen an Märchenfilme aus der Kindheit wachrufen. Das vorliegende Werk gibt nun einen Einblick hinter die Kulissen und stellt an den Ausgangspunkt die Frage, die nicht umsonst auch an große Illusionisten und Bühnenmagier gerichtet wird: "Wie haben sie’s gemacht…?"

Vorweg aber gleich eine Warnung: Dieses Werk richtet sich an Leser, die über filmhistorisches Wissen verfügen. Dazu gehört sowohl die Kenntnis zumindest einiger Filme, viel wichtiger aber auch einige technische Hintergrundinformationen zur Herstellung von Film. Auch wenn ein Glossar die wichtigsten verwendeten Begriffe erklärt, sind dies vor allem die Fachbegriffe, die im Buch selbst behandelt werden, keine Grundbegriffe.

Inhaltlich setzen sich die Autoren drei Ziele: zum einen grob die Entwicklung der Babelsberger Filmstudios nachzuzeichnen und zum anderen die eng damit verbundenen Trickspezialisten und ihre wichtigsten Entdeckungen und Techniken vorzustellen. Das reicht von den ersten Filmtricks (dem "Umkehrtrick", bei dem der Film rückwärts abgespielt wird) bis hin zu Computeranimationen. Die Autoren gehen dabei chronologisch vor.

Die Filme, die behandelt werden, ergeben sich durch die Produktionsstätte. Darunter sind einige weniger bekannte Filme (z.B. "Lebende Buddahs"), aber auch viele Klassiker, vor allem in der frühen Phase des Studios, wie "Der Student von Prag" und natürlich "Metropolis". Der Fokus der Autoren liegt eindeutig auf der frühen Phase des Filmschaffens, vor der Digitalisierung des Mediums. Gleichzeitig wird unterschwellig ein weiteres Thema deutlich: Die große Diskrepanz zwischen Deutschlands Stellung im Filmbereich vor dem zweiten Weltkrieg und danach. Die weltweit tricktechnische Vorreiterstellung bei Filmen wie Fritz Langs legendärem "Metropolis" (Tricktechnik von Ernst Kunstmann) ist durch den Zweiten Weltkrieg verloren gegangen, auch wenn neuere Filme tricktechnisch immer noch interessant sind.

Trotzdem bleibt die Beschreibung der Arbeiten an den späteren Märchenfilmen der DEFA und die neueren in Babelsberg produzierten Filme wie "Die Unendliche Geschichte III", "Enemy at the Gates" und "Around the World in 80 Days" spannend. Für alle Filme gilt, dass das Thema Filmtrick im Mittelpunkt steht. Der Leser darf keine Zusammenfassung oder Einordnung der Filme in einen filmhistorischen Kontext erwarten. Die Autoren arbeiten selbst im praktischen Bereich des Films, und dementsprechend ist die Sichtweise des Buches. Es ist von Filmschaffenden und -begeisterten für Filmbegeisterte geschrieben. Diese Grundhaltung, in Zusammenhang mit der Aufmachung des Buches, macht es dann trotz teilweise sehr technischen Inhalten zu einem wahren Lesevergnügen. Anstatt theoretische Abhandlungen zu schreiben, wählen die Autoren Interviews, sowohl in realer als auch (wie z.B. bei dem verstorbenen Ernst Kunstmann) fiktiver Form. Durch diesen Kunstgriff werden die Texte lebendig und bleiben angenehm zu lesen.

Besonders erwähnt werden muss die üppige Bebilderung. Auch wenn eigentlich davon auszugehen sein sollte, dass ein Buch über Film Bilder verwendet, geht dieses Werk weit über die Erwartungen hinaus. Nicht nur die Personen und Filme werden dargestellt, es werden auch Skizzen der Trickaufbauten und Fotos der einzelnen Elemente der Trickaufbauten beigefügt.

Dadurch wird nicht nur das Verständnis der Tricks vereinfacht, der Wunsch, diese Tricks selbst auszuprobieren, wird ebenso geweckt. Weiter wird auch die Neugier auf die Filme entfacht, sie zum ersten, oder auch wiederholten Male mit anderen Augen zu sehen.

Aber auch wenn insgesamt viel Positives zu berichten ist, bleiben ein paar Kritikpunkte. Die hauptsächliche Frage ist wohl, für wen dieses Buch geschrieben wurde. Leser, die selbst an einer Filmschule gelernt haben, werden vieles von dem im Buch Besprochenen bereits kennen. Unbedarfte Leser dürften überfordert sein, also bleibt eine Gruppe von Filmbegeisterten, die zwischen diesen Polen liegt. Bemerkt werden sollte auch, dass einige lästige Rechtschreibfehler den Lesefluss stören. Wie stark das ins Gewicht fällt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Für die entsprechende Zielgruppe ist dieses Buch auf jeden Fall ein Quell an unterhaltsam dargebotenen Informationen.


von Björn Maschmeier - 27. August 2007
Wie haben sie\'s gemacht...?
Uwe Fleischer
Helge Trimpert
Wie haben sie\'s gemacht...?

Babelsberger Kameramänner öffnen ihre Trickkiste
Schüren 2004
174 Seiten, broschiert
EAN 978-3894723842