Eigentlich ist das Alter besser als sein Ruf
Der Schriftsteller und Kolumnist des Süddeutsche Zeitung Magazins lebt in München und gehört zu den bekanntesten Autoren Deutschlands. Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Der Joseph-Roth-Preis, zwei Egon-Erwin-Kisch-Preise, der Theodor-Wolff-Preis und zuletzt der Ben-Witter-Preis 2019 gehören bereits zu seinen Auszeichnungen. Jetzt legt er mit "Aua! Die Geschichte meines Körpers" eines seiner persönlichsten Werke vor. Denn darüber hat noch niemand so ausführlich gesprochen oder geschrieben: Krankheiten und Wehwehchen des Alters.
Der Trost des Alter(n)
Aber eigentlich ist das Alter sogar besser als sein Ruf: "endlich nicht mehr von unnachsichtigen Hormonen getrieben, umsichtig auf die physischen Bedürfnisse bedacht und noch ordentlich bei Kräften", so beschreibt Hacke seinen Momentanzustand. Er ist inzwischen auch schon weit über sechzig, muss man anmerken. Aber Angst könne man ohnehin nur überwinden, wenn man sie mitteile. Und zum Altwerden gebe es ohnehin keine Alternative, das wissen nur die Jungen noch nicht. Eine seiner ersten Betrachtungen in vorliegender Körperbibel widmet sich der Haut, die gleich von mehreren Millionen winzigen Spinnentieren bewohnt sei: Demodex folliculorum, Demodex brevis, was so viel wie Schmalzbohrwurm bedeute. Aber auch das sind nur Teile von sieben Milliarden Atomen, aus denen ein Mensch bestehe. Moby hatte recht: "We are all made of Stars". Wir sind alle aus Sternenstaub, kosmischer Materie, zu der wir auch wieder werden, wenn wir als Individuum nicht mehr da sind. Als Halbmarathonläufer (1:47) weiß Hacke das, denn er brach sich tatsächlich mal den Os cocygis, das Steißbein, auch Kuckucksknochen oder Schwanzbein genannt. Wer an dieser Stelle an was anderes denkt: auch dem Penis ist ein Kapitel gewidmet. Sternutatio, das Niesen, kann hier über die Peinlichkeit hinweghelfen. Aber auch das kann ganz schön gefährlich werden, selbst für kräftige Menschen.
Groom of the Stool oder: Aua!
Also besser Zähne zusammenbeißen. Das nennt man dann Bruxismus. Das ist aber auch nicht wirklich gesund, wie Hacke an eigener Haut resp. Speiseröhre erfährt. Nichts geht eben über eine gute Verdauung. Aus diesem Grund hatte der englische König auch einen "Groom of the Stool" der seine Ausstülpungen nicht nur überwachte, sondern auch beseitigte (!). Der letzte seiner Art war James Hamilton, Duke of Abercorn, der Albert Edward, "dem Prinzen of Wales und dessen Hintern diente", so Hacke. Ein großes SeufZEN hilft vielleicht an dieser Stelle. Eines der "animalischsten, wildesten, primitivsten Sinnesorgane" steht dann im Mittelpunkt: die Nase. Wie sehr wir von Gerüchen unbewusst dominiert werden, beweist schon die Spermienzelle, die anscheinend einem Jasminduft folge. In diesem Zusammenhang soll auch die Morbus Kobold nicht unerwähnt bleiben. Die findet man aber in keinem Lexikon und auch nicht bei Google, sondern nur bei Hacke. Weitere Kapitel beschäftigen sich mit Herz, Nase, Haut, Gedächtnis, Knochen, Ohr, Zeigefinger, Bauch, Darm, Lunge, Knie, Fuß, Gehirn, Penis. Im Körper ist eben die Lebensgeschichte mit all ihren Episoden gespeichert und es führt kein Weg daran vorbei, im Alter endlich mit sich selbst leben zu lernen.

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