Eine Stiefmutter zum Verlieben
"Tatsache ist, im allgemeinen, daß ich allzu verliebt war in das Verliebtsein: dies ist für immer meine wahre Leidenschaft gewesen." Adoleszenz - was heute gerne mit Coming-of-Age bezeichnet wird - ist wohl eine der aufregendsten Lebensabschnitte im Leben eines jeden Menschen. Nicht umsonst auch als "die schwierige Zeit" beschrieben, wetteifern in den Heranwachsenden die Hormone und begehren gegen ihre Erzeuger auf.
Arturo Gerace, der in vorliegendem Roman der Premio Strega-Gewinnerin Elsa Morante die Hauptrolle spielt, befindet sich zwischen 14 und 16 Jahren, also der verwirrendsten Zeit eines Jugendlichen. Da Arturo seine Mutter schon in frühen Jahren verloren hat, wird er nur von seinem Pflegevater Silvestro und seinem Vater Wilhelm "Vilhelmo" Gerace erzogen. Aber, während der erstere bald völlig verschwindet, taucht der letztere alsbald mit einer neuen Braut auf: Nunziata. Diese stammt vom Festland aus armen Verhältnissen und ist kaum älter als Arturo. Sein Vater, der immerhin schon 36 Jahre alt ist, hat sie von Neapel auf die Insel Procida mitgebracht, wohl damit sie sich um seinen Arturo kümmert. Spätestens als sie auch schwanger wird, macht sich der Rabenvater aber noch häufiger von dannen und taucht fast gar nicht mehr auf. Bis er eines Tages einen Freund mitbringt: Tonino Stella. Jetzt beginnt die Bewunderung Arturos für seinen Vater endgültig zu bröckeln und seine im Geheimen gepflegte Liebe zu seiner nur zwei Jahre älteren Stiefmutter entflammt sich zu einem wahren Fegefeuer. An seinem 16. Geburtstag, als auch sein vermisst geglaubter Pflegevater Silvestro wieder auftaucht, überschreitet der Roman seinen Kulminationspunkt, den die Autorin über mehr als 400 Seiten halten konnte. Ein Lesevergnügen der besonderen Art, das sich niemand entgehen lassen sollte. Zumal Elsa Morante ja eben gerade für Arturos Insel - übrigens als erste Frau - den begehrten italienischen Literaturpreis, den Premio Strega, bekam.
Das irdische Paradies: die Insel Procida bei Capri
Das Paradies, in dem sich der junge Knabe Arturo auf der Insel Procida, in der Casa Guaglione seines Vaters, befindet, wird von Morante ausführlich und in treffenden Farben und Gerüchen beschrieben. In der Bibliothek des Erblassers, einem Freund seines Vaters, Amalfitano, findet Arturo alles, was er für seine Bildung braucht, eine Schule besucht er nicht. Stattdessen streunt er durch die Landschaften der Insel, beobachtet am Strand die Möwen oder hirscht durch das Dorf. "Die Bücher, die mir am besten gefielen (...) waren solche, die mit wahren oder erfundenen Beispielen mein Ideal von menschlicher Größe verherrlichten, dessen lebendige Verkörperung ich in meinem Vater sah", lässt Morante ihren Arturo denken und nimmt mit diesen Worten schon die Tragik der Handlung vorweg. Wie sein Vater hat Arturo eine grundsätzlich schlechte Meinung von Frauen und spricht nur mit Verachtung von ihnen. Das wird besonders deutlich, als seine Stiefmutter, Nunziata, zu ihnen zieht und er sie mit jugendlichem Eifer übermäßig verachtet, bis er endlich merkt, dass er ja eigentlich in sie verliebt ist. Auch wenn die Liebe eine Erfindung der Bücher sei, den vollkommenen Helden gebe es aber tatsächlich. In der Wirklichkeit. Seinen Vater. Über der ganzen Handlung thront auf einem Hügel eine Festung, in der sich ein Gefängnis befindet. Und genau wie in Kafkas Schloß geht auch von ihr eine düstere Vorahnung aus, die Arturo alsbald am eigenen Leib erfahren muss. Das Gefängnis beinhaltet nämlich den Grund für die gegenüber allen und allem abweisende Haltung seines Vaters.
Ein Roman voller Irrungen und Geheimnissen
Die subtilen Anspielungen auf den wahren Grund der Abwesenheit und Zurückhaltung seines Vaters, werden erst nach und nach entschlüsselt und gerade darin liegt auch das Geheimnis dieses Romans, der nicht nur eine der schönsten Stellen der Literaturgeschichte über die Mutterliebe enthält, sondern auch tröstende Worte für "die schwierige Zeit", die schwierigste Zeit, die Irrungen, findet. Vor allem aber hilft er einem dabei zu entschlüsseln, warum man gerade das, was man am meisten liebt, so schlecht behandelt. Ein Roman mit Tiefgang.
"Für mich bist du ein Held!"
"Ein Freund der Erde" ist die fiktive Geschichte von Ty und seiner Tochter Sierra, die versuchen zu retten, was noch zu retten ist.
Ein Freund der ErdeDer Zauberer am Tegernsee
Dieser schmale Band über die Zeit, die Thomas Mann und die Seinen in der Sommerfrische verbringen, ist ein wahrer Lesegenuss.
Thomas Mann macht FerienEin verhängnisvolles Porträt
Das Bildnis des Dorian Gray - der Klassiker der Dark Romance in einer Schmuckausgabe mit vielen Extras und floralen Illustrationen.
Das Bildnis des Dorian GrayEin moderner Western in Boulder City
"No Way Home" kommt ganz ohne die für Boyle typischen Umweltpolitikszenarien aus und widmet sich ganz dem Thema #1: die Liebe.
No Way HomeI’m Only F**king Myself
Das dritte Album der britischen Senkrechtstarterin macht die Pole Addiction und Avoidance tanzbar zu heißen Beats ...
I’m Only F**king MyselfKein Pardon für den Marder
Caroline Wahls Roman "Die Assistentin" wird zur unbarmherzigen Abrechnung.
Die Assistentin