Wie man im Geisterreich zum V.I.P. wird
Tom Golden heißt einer der beiden Helden im Hörbuch "Arthur Unsichtbar und der Schrecken von Thorblefort Castle" der englischen Autorin Louise Arnold - und sein Nachname ist das einzige, was in Toms Leben golden ist: nach einem Umzug muss er auf eine neue Schule gehen; hier ist er der "Freak Boy", der Aussätzige der Klasse. Besonders "Big Ben", Anführer der berüchtigten "Spuckenden Kerle", hat es auf ihn abgesehen. Jeder Schultag ist für Tom die reine Tortur; jeden Tag wünscht er sich einen Freund, der ihm zur Seite steht.
Eines Tages trifft es ihn besonders hart: auf seinem Nachhauseweg gerät er an Big Bens Gang. Doch statt, wie gewöhnlich, in Tränen auszubrechen, bricht es plötzlich aus ihm heraus: "Du bist nicht groß, du bist nicht schlau und du beeindruckst niemanden, Ben!" Kaum sind die Worte heraus, bereut Tom es schon, denn Ben IST groß und wird sich diese Widerworte wohl kaum vor seiner Gang gefallen lassen. Das einzige, was Tom nun noch retten könnte, wäre ein Schutzengel - oder ein unsichtbarer Freund.
Was Tom nicht weiß: er hat tatsächlich einen unsichtbaren Freund namens Arthur und dieser tritt auch gleich in Aktion. Aber dazu später. Arthur selber ist im Geisterreich auch nicht viel besser dran als Tom in der Menschenwelt: zwar wird er nicht geärgert, aber niemand nimmt ihn wahr und er selber weiß auch nicht so recht, was er mit seinem Geisterdasein anfangen soll bis, ja bis er nach Jahrhunderten die glorreiche Idee hat, unsichtbarer Freund zu werden. Mit einem Geistesblitz rettet er Tom zwar aus der eben erzählten brenzligen Situation, kann aber nicht verhindern, dass Tom bei der folgenden Flucht von einem Auto angefahren wird. Was sich zunächst schlimmer anhört, als es in Wirklichkeit ist, hat einen tollen Nebeneffekt: Plötzlich kann Tom alle Arten von Geistern sehen und hören; lustige Verwicklungen sind vorprogrammiert. Aber die Autorin erzählt nicht nur eine witzige Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft, sondern auch einen kindgerechten Krimi: Tom fällt in die Hände eines Betrügers und wird von diesem entführt und nur Arthur kann ihn retten.
Von witzig bis bedrohlich
Ohne Übertreibungen liest Oliver Rohrbeck diese Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. Dabei lässt ihm die Autorin viel Raum für eine Vielzahl unterschiedlicher Gestaltungsmöglichkeiten, die er alle gekonnt wahrnimmt. Seine angenehme, jungenhafte Stimme hat anfangs einen leicht traurigen, kaum wahrnehmbaren Unterton, der jedoch den bisherigen "Lebensläufen" der beiden Protagonisten entspricht. Dieser Unterton verschwindet allerdings im Laufe der Geschichte Stück für Stück, da es nun im Leben der beiden (fast) keinen Grund mehr gibt, traurig zu sein. Als Gegenpart zur Traurigkeit und um im späteren Verlauf die aufgebaute (An)Spannung für die Hörer nicht zu stark werden zu lassen, flicht Arnold immer wieder gekonnt witzige Anekdoten ein. Dabei beweißt sie außerordentlichen Erfindungsreichtum und ein Gefühl für die richtige Balance in ihren Einfällen, so dass der Humor sowohl bei den jugendlichen als auch den erwachsenen Hörern ankommt, ohne die einen zu über- und die anderen zu unterfordern - ein klassisches Beispiel für ein Buch, das für alle Generationen interessant ist. Oliver Rohrbecks Lesung trägt ihr Übriges dazu bei, dass aus dem gelungenen Roman ein gelungenes Hörbuch geworden ist.

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