Internationalisierung im Management
"Zu männlich und zu weiß sei das Siemens-Management" hat noch vor wenigen Monaten der Chef der Siemens AG, Peter Löscher, kritisiert. Im Spätherbst 2008 trat Jill Lee, geboren in Singapur und zuletzt Finanzvorstand von Siemens in China, die neu geschaffene Position des Chief Diversity Officers bei Siemens an und soll dafür sorgen, dass das Top-Management internationaler wird. Einige andere Konzerne, beispielsweise die Deutsche Bank, die Deutsche Telekom, Henkel und RWE beschäftigen bereits hochrangige (ausländische) Führungskräfte, deren Aufgabe die gezielte Veränderung der Unternehmenskultur ist.
Internationalisierungsvorgänge stellen heute ein allgegenwärtiges Phänomen in Politik, Gesellschaft, Kultur und nicht zuletzt der Wirtschaft dar. Unternehmen aller Größenordnungen sind hiervon zunehmend betroffen. So zwingt z. B. die zunehmende Dynamik des internationalen Wettbewerbs neben großen Konzernen zunehmend auch Mittelständler, ihre gesamte Wertschöpfungskette international zu optimieren und den neuen Herausforderungen Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund werden schon seit vielen Jahren die Fragen der internationalen wirtschaftlichen Betätigung von Unternehmen in die betriebswirtschaftliche Ausbildung an Hochschulen eingebunden und heutzutage als Schwerpunktfach "Internationales Management" in vielen betriebswirtschaftlichen Bachelor- und Masterstudiengängen angeboten. Zwischenzeitlich gibt es auch eine stattliche Reihe von Lehrbüchern, welche gewissermaßen den State-of-the-Art des internationalen Managementwissens wiedergeben und sich vornehmlich mit originären funktionalen, institutionellen und prozessualen Fragen des internationalen Managements bzw. mit Besonderheiten bestimmter Regionen befassen.
Der Autor der vorliegenden Publikation, Inhaber des Lehrstuhls für ABWL, insbesondere Internationales Management, an der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder), lässt sich bei der Auswahl der Inhalte des Buches von der Überzeugung leiten, dass die von der Wirtschaftspraxis häufig verlangte Handlungskompetenz im Sinne von Faktenwissen und Sozialkompetenz allein nicht ausreicht, zukünftige Positionen für internationale Tätigkeitsfelder wahrzunehmen. Vielmehr kommt es auch darauf an, "eine Analyse- und Synthesekompetenz, die aus einem soliden theoretischen Verständnis hervorgehen" (Vorwort, S. V) zu vermitteln. Für die Auswahl der Inhalte des Buches bedient sich deshalb der Verfasser vor allem des methodischen Ansatzes der Neuen Institutionenökonomik. Teil I des Buches gibt einen Überblick über den Gegenstand des Internationalen Managements aus institutionenökonomischer Perspektive und stellt insbesondere die zentralen Aussagen dieser interdis-ziplinären Sichtweise vor, welche auf Institutionen i. S. von "Spielregeln", die in die individuellen Kalküle und Handlungen als "Spielzüge" eingehen und die Ergebnisse des Marktprozesses beeinflussen, abstellt. Teil II widmet sich im Wesentlichen den Spielregeln von Nationen, regionalen Zusammenschlüssen (NAFTA, EU), der Vereinten Nationen und des Welthandelssystems (GATT/WTO), einschließlich der Kultur und Moral als informelle institutionelle Umwelt. Teil III befasst sich mit den Marktbeziehungen internationaler Unternehmen, u. a. mit dem Aufbau von Wettbewerbsvorteilen und den Fragen des Aufbaus internationaler Geschäftsbeziehungen. Im Teil IV geht es um die unternehmensinternen Herausforderungen internationaler Unternehmen, z. B. um die Auswahl, Entwicklung und Entlohnung von Mitarbeitern oder um die Auswirkungen auf die Unternehmensorganisation und -kultur sowie um das Wissensmanagement im internationalen Kontext. Abschließende Betrachtungen zum organisatorischen Wandel sowie zu virtuellen Organisationen machen Problemstellungen zum Prozess des organisationalen Wandelns und zu virtuellen Netzwerken deutlich.
Das Buch besticht zweifelsohne durch die stringente Konzeption in enger Anlehnung an den institutionenökonomischen Ansatz und der damit einhergehenden spezifischen Auswahl der Inhalte. Zum besseren Verständnis der allerdings oftmals spröde und abstrakt gehaltenen allgemeinen Ausführungen trägt jedoch der gelungene methodische Mix aus einer Vielzahl von Beispielen, Abbildungen und Tabellen sowie die Auflistung von gezielten Literaturhinweisen (hier fehlt leider ein Hinweis auf das renommierte Werk von Macharzina/Wolf zum internationalen Management!), Zusammenfassungen und Schlüsselbegriffen am Ende der jeweiligen Gliederungsabschnitte bei. Das Buch eignet sich vor allem für Dozenten und fortgeschrittene Studenten des BWL-Schwerpunktes "Internationales Management" und zwar vornehmlich als Ergänzung zu den bereits eingeführten, eher praxisorientierten und sehr gut verständlichen Standardwerken (z. B. von Kutschker/Schmid, Macharzina/Wolf und Perlitz).
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