Rot für die Reds, Rot für den Sozialismus
He made the people happy: Er machte die Menschen glücklich. Diese Inschrift trägt eine mannshohe Statue, welche die Fans des FC Liverpool im Stadion an der Anfield Road zu jedem Heimspiel begrüßt. Sie verkörpert einen Trainer, der mit dem Klub drei englische Meisterschaften, den Pokal und darüber hinaus noch den UEFA-Pokal gewann.
Bill Shankly, in Glenbuck in der südwestlichen schottischen Grafschaft Ayrshire geboren, wuchs als jüngstes von elf Kindern auf und schlug früh eine Fußballerkarriere in England ein. Je weiter er nach Süden zog, desto höher arbeitete er sich hinauf. Über den unterklassigen Profiverein Carlisle United landete er schließlich beim Spitzenclub Preston North End, wo er anderthalb Jahrzehnte erstklassig spielte. Nachdem Preston in der Saison 1948/49 in die zweite Division abgestiegen war, beendete Shankly seine Spielerkarriere.
Als Trainer sollte er viel erfolgreicher werden. Spieler und Fans liebten ihn für seinen Gerechtigkeitssinn und auch für seine politischen Überzeugungen, die er sich nie kundzutun scheute: "Der Sozialismus, an den ich glaube, besteht darin, dass jeder für jeden arbeitet und alle gemeinsam die Früchte des Erfolgs teilen. So soll es im Fußball zugehen, und so soll es auch im Leben sein."
Shanklys Ansichten passen auch aktuell zur Einstellung vieler Fußballanhänger. Im Gegensatz zu den Funktionären sind die Fans mehrheitlich linksgerichtet. Viele sehnen einen Sport jenseits von Vermarktungsstrategien herbei, nicht länger beherrscht durch das kapitalistische Gewinnstreben der Vereinsbosse, die wiederum eher Investoren als Patriarchen ähneln und in ihrem eitlen Darstellungsdrang manch populistischen Politiker noch übertreffen.
Das Bild, das Identifikationsfiguren wie Shankly abgaben, ist längst auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet. Und doch: Mit Jürgen Klopp auf der Trainerbank scheint ein Hauch von Sozialromantik wieder eingezogen zu sein in Merseyside. Die Reds, wie sich die Anhänger des FC Liverpool selbst nennen, wähnen sich wieder mit einem Trainer im Reinen, der nicht nur den Erfolg zurück nach Anfield gebracht hat, sondern sich öffentlich als Sozialist bezeichnet.
Mit einer weiteren Tugend wartet Klopp auf, die man ihm als Deutscher auf der Insel nicht zugetraut hatte, und knüpft auch hier an die Tradition der schottischen Trainerlegende an. Schon bei seiner Vorstellung in Liverpool empfahl Klopp in Anspielung an einen portugiesischen Kollegen, der sich selbstverliebt als The Special One tituliert hatte, man solle ihn als The Normal One betrachten. Nicht schlecht für den Anfang, aber noch nicht ganz in der Klasse des Vorbilds: "Einige Leute denken, Fußball sei eine Sache auf Leben und Tod", musste Shankly einmal feststellen, um sich anschließend sofort von dieser verabscheuungswürdigen Klientel zu distanzieren: "Ich mag diese Einstellung nicht." Shankly wäre nicht Shankly gewesen, hätte er nicht umgehend noch einen draufgesetzt. "In Wirklichkeit ist die Angelegenheit viel ernster!"
Bill Shankly ist nur ein Grund, die Reds zu lieben. Es gibt noch 110 weitere. Der Autor und Liverpool-Fan Fabian Biastoch hat sie in einem Buch versammelt.
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