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Joachim Paul: Beteiligungscontrolling und Konzerncontrolling

Guter Überblick mit Praxisbeispielen

Während das Controlling inzwischen einen festen Platz in der Betriebswirtschaftslehre eingenommen hat, wird das Controlling von Beteiligungen erst in jüngster Zeit entsprechend gewürdigt. Dies ist erstaunlich, wenn man sich den Stellenwert des Beteiligungscontrollings nicht nur in großen, multinationalen Unternehmen, sondern auch bei vielen Mittelständlern ansieht, die als Konzern mit Tochter- und Beteiligungsgesellschaften geführt werden und Betriebs- und Geschäftsprozesse häufig in der Form von Profit- oder Cost-Centern auslagern. Nicht zuletzt hat sich auch im öffentlichen Bereich eine reine Beteiligungsverwaltung zunehmend zu einer aktiven Beteiligungssteuerung entwickelt.

Vor diesem Hintergrund stellt der praxiserfahrene Autor - Prof. Dr. Joachim Paul lehrt International Business, Controlling und ABWL an der Hochschule Pforzheim und verfügt über eine mehrjährige Erfahrung im Beteiligungscontrolling von VW und als Leiter des Beteiligungscontrollings und MIS der Festo AG & Co. KG, einem weltweit führenden Unternehmen der Automatisierungstechnik - bereits im Vorwort einen erheblichen Bedarf nach einem einschlägigen Lehrbuch fest. Eine Lektüre, die nicht nur Studierenden, sondern auch Praktikern einen fundierten Überblick über die vielfältigen Fragen des Beteiligungscontrollings, verbunden mit konkreten Ausgestaltungsvorschlägen, bietet.

Das Buch gliedert sich in acht Kapitel. Das erste Kapitel "Einleitung" setzt sich insbesondere mit den themenrelevanten Begrifflichkeiten auseinander und macht dabei deutlich, dass der Verfasser vom Beteiligungscontrolling als Oberbegriff ausgeht, wobei die meisten behandelten Themen identisch sind mit dem Controlling von Konzerngesellschaften. Die vier weiteren Kapitel knüpfen an den zentralen Funktionen des Controllings an und gehen jeweils von den allgemeinen Controlling-Erkenntnissen aus, um anschließend den Blick auf Spezifika des Beteiligungscontrollings zu richten. Dieser Logik entsprechend trägt das zweite Kapitel die Überschrift "Planung: Effektive Planungs- und Budgetierungsprozesse im Konzern". Im Mittelpunkt stehen die Elemente des traditionellen Planungsprozesses, die Kritik an der traditionellen Budgetierung sowie die Auseinandersetzung mit den neueren Ansätzen "Beyond Budgeting", "Advanced Budgeting" und "Better Budgeting". Da Beyond Budgeting analytisch zwar am elegantesten ist, aber nicht immer umgesetzt werden kann, lautet der Tipp des erfahrenen Praktikers Paul: "soviel Beyond Budgeting wie sinnvoll möglich, soviel traditionelle Budgetierung wie nötig." (S. 33) Im Kapitel drei wird das Arbeitsfeld "Information: Das perfekte Reporting", das in der Praxis eine hervorgehobene Rolle spielt, aufgegriffen. Zunächst werden die unterschiedlichen Formen und Features der technischen Basis der Informationsversorgung, die so genannten Business Intelligence (BI) Systeme, - von Excel bis zur leistungsstarken, jedoch kosten- und zeitintensiven SAP Architektur - aus der Sicht des Users, also des Controllers vorgestellt. Anmerkungen zum Grundgedanken und Nutzen von OLAP, zu XBRL als Datenaustauschformat, zum EIS und Unternehmens-Cockpit sowie viele wertvolle Praxistipps zum Aufbau und Betrieb eines BI-Systems runden diesen Schwerpunktteil ab. Die weiteren Ausführungen befassen sich, in Anlehnung an ein simples Input-Output-Modell, mit dem "Einsammeln" der Reports aus den Beteiligungsgesellschaften, der Verarbeitung der Berichte und schließlich der Bereitstellung der Informationen vor allem für die Empfänger in der Konzernzentrale und den Gesellschaften. Mit einer Fülle von nützlichen Praxistipps zu speziellen Fragen der Ausgestaltung und Umsetzung der Reports und eines guten "Report Designs" wird dieses Kapitel abgeschlossen.

Kapitel 4 befasst sich mit "Analyse/Kontrolle - die Arbeit mit Kennzahlen". Greift man für den CEO das Bild des Kapitäns auf, so kommt dem Controller die Rolle des Kopiloten oder Lotsen zu, der die Entscheidungsträger anhand aufbereiteter Daten aktiv unterstützt. Dazu gehört, aus den Rohdaten aussagekräftige Kennzahlen zu entwickeln und der Plan-Ist-Vergleich. Ein kritischer Überblick über die "klassischen" Kennzahlen zur Erfolgsmessung führt zur Thematisierung der vielleicht wichtigsten Entwicklung im Beteiligungscontrolling in den letzten fünfzehn Jahren: zum so genannten wertorientierten Controlling, auch Value Based Management genannt. Zu Recht weist der Verfasser darauf hin, dass kein "Rezept" einer Kennzahl existiert, das eins zu eins kopiert werden sollte. Vielmehr ist ein unternehmensindividuelles Konzept zu entwickeln, das den Besonderheiten des jeweiligen Kerngeschäfts und der Marktbedingungen Rechnung trägt. Während der Shareholder Value heutzutage in der Öffentlichkeit oftmals in einer negativen Konnotation benutzt wird, macht der Autor hingegen deutlich, dass nur ein wertorientiertes Management diejenigen Werkzeuge bietet, die den Zusammenhang zwischen bestimmten Strategien und der Entwicklung des Unternehmenswertes erkennen lassen. "Wie dieses Werkzeug eingesetzt wird, bleibt in der Verantwortung des Entscheidungsträgers. Für nicht-monetäre Ziele wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz, soziale und gesellschaftliche Verantwortung bleibt gleichwohl Platz." (S. 165) Kapitel 5 "Steuerung" behandelt die Arbeit des Beteiligungscontrollers in den Gesellschaften sowie in der Zentrale und setzt sich auch mit dem Instrument Benchmarking i. S. von Lernen von den jeweils Besten auseinander.

Nach den eher operativ und kurzfristig ausgerichteten Themen werden in den weiteren Kapiteln die Grundsätze des strategischen Beteiligungscontrollings (insbesondere die Rolle der Balanced Scorecard) und spezielle Fragen des Beteiligungscontrollings (länderbezogene Besonderheiten, Handling der Verrechnungspreise und Aspekte der organisatorischen Einbindung) diskutiert. Mit einer Warnung vor dem Tunnelblick, d. h. mit Hinweisen auf die Grenzen des Controllings und auf die häufig unterschätzte Rolle der "soft facts", wird das Buch abgerundet.

Abschließend kann festgehalten werden, dass es Paul mit diesem Lehrbuch gelungen ist, einen schnellen Zugang zu den vielfältigen Aspekten des Beteiligungscontrollings zu vermitteln. Damit wird Studierenden betriebswirtschaftlicher Studiengänge, Teilnehmern controllingbezogener Fortbildungsveranstaltungen und Praktikern ein gut verständlicher und kompakter Überblick zu Fragestellungen des Beteiligungscontrollings geboten. Den besonderen Charme dieses Buches machen die vielen gelungenen Beispiele und Empfehlungen aus der Praxis des Beteiligungscontrollings aus. Für eine inhaltliche Vertiefung kann der Leser mittels der weiterführenden Hinweise im Literaturverzeichnis gezielt zurückgreifen.


von Bernd W. Müller-Hedrich - 30. Dezember 2013
Beteiligungscontrolling und Konzerncontrolling
Joachim Paul
Beteiligungscontrolling und Konzerncontrolling

Springer Gabler 2014
260 Seiten, broschiert
EAN 978-3658011550