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Finanzierungsstrategien im Mittelstand

Mittelstandsfinanzierung im neuen Umfeld

Die Finanzierung mittelständischer Unternehmen erfolgte in der Vergangenheit vornehmlich durch Bankkredite. Die veränderte Kreditwirtschaft, die Situation nach der Lehmann-Pleite und regulatorische Veränderungen in Folge der bevorstehenden Umsetzung von Basel III stellen erhöhte Anforderungen an das Risikoprofil von Banken und haben für zahlreiche Unternehmen zu einer Verschlechterung der Finanzierungskonditionen geführt. Dieser Hintergrund führt neben dem generellen Bedeutungszuwachs der kapitalmarktorientierten Finanzierungsformen dazu, dass auch im Mittelstand zunehmend neuartige Finanzierungsstrategien zum Einsatz gelangen. Hier knüpft das vorliegende Buch an und informiert über die betriebswirtschaftlichen sowie rechtlichen und steuerlichen Aspekte und Besonderheiten der verschiedenen Formen der Mittelstandsfinanzierung.

Beim Teil I Börsengang (IPO) geht es um den oftmals ersten Auftritt eines Unternehmens am Kapitalmarkt. Der Börsengang umfasst zum einen die Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum Börsenhandel und der Handelsaufnahme, zum anderen das erstmalige öffentliche Angebot von Aktien der Gesellschaft. Der Zugang zum Kapitalmarkt bietet die Grundlage für ein finanzielles Wachstum und vereinfacht zukünftige Kapitalaufnahmen. Börsennotierte Aktien können zudem als Akquisitionswährung eingesetzt werden und ermöglichen den Aktionären, ihre Beteiligung ganz oder teilweise zu veräußern. Im Einzelnen werden in diesem Abschnitt die Vorbereitung, Durchführung und Folgen des Börsengangs sowie der Entry Standard und die steuerlichen Aspekte des IPO näher untersucht.

Benötigt ein Unternehmen nach einem Börsengang weiteres Eigenkapital, so werden neue Aktien angeboten. Mit dieser Thematik befasst sich Teil II Kapitalerhöhung. Zum Schutz der bestehenden Aktionäre vor Verwässerung ihrer Beteiligungs- und Stimmrechtsquoten sowie des wirtschaftlichen Werts ihrer Beteiligung sieht das AktG grundsätzlich so genannte Bezugsrechte vor. Folglich werden der Hintergrund und die Strukturierung sowie das Platzierungsverfahren und die Dokumentation der Bezugsrechtsemission eingehend beleuchtet. Für den Fall, dass das Bezugsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen werden soll, bietet sich vor allem die sog. "10%-Kapitalerhöhung" an, deren Besonderheiten ebenfalls erörtert werden.

Teil III Mittelstandsanleihen widmet sich der bankenunabhängigen Finanzierungsalternative zur klassischen Kreditfinanzierung, um internes Wachstum bzw. Akquisitionen zu finanzieren bzw. die Fremdkapitalfinanzierung umzustrukturieren. Mit der Schaffung spezieller, auf die Notierung von Anleihen mittelständischer Unternehmen zugeschnittener Börsensegmente besteht nunmehr auch für mittelständische Unternehmen die Möglichkeit, ihren Kapitalbedarf durch die Emission einer Corporate Bond und unter Einbeziehung von Privatinvestoren am Kapitalmarkt zu decken. Schwerpunkte der Untersuchung sind u. a. die Ausgestaltung der Anleihebedingungen, die besonderen Mittelstandssegmente der Börsen sowie die Überlegungen zum öffentlichen Angebot vs. Privatplatzierung, Fremdemission vs. Eigenemission, einschließlich der entsprechenden Dokumentationserfordernisse.

Teil IV Kreditfinanzierung befasst sich mit dem klassischen Finanzierungsinstrument einer Unternehmung. Die wohl weitgehendste Form ist die Finanzierung einer gesamten Unternehmensakquisition samt Betriebsmitteln und ggfs. der zukünftigen Add-on-Akquisitionen. Daneben werden auch der weniger intensiv geregelte Corporate Loan oder der allgemeine Betriebsmittelkredit behandelt. Darüber hinaus werden auch Probleme der speziell durch Sachwerte abgesicherten Kredite wie die Borrowing Base-Finanzierung und Fragestellungen zum Cash Pooling, das der optimalen Verteilung der Liquidität in der Unternehmensgruppe dienen soll, erörtert.

Aufgrund von u. a. der weltweit zunehmenden Zins- und Währungskursschwankungen hat bei international agierenden mittelständischen Unternehmen die Nachfrage nach Instrumenten zur Absicherung gegen diese Risiken stark zugenommen. Infolgedessen setzt sich Teil V Derivate mit den Derivatetypen Swaps, Termingeschäfte/Forwards und Optionen auseinander. Danach werden die unterschiedlichen Dokumentationsformen, Verwendungszwecke und vor allem das spezifische Wertpapier- und Bankaufsichtsrecht sowie das neue Aufsichtsrecht für den europäischen Derivatemarkt (European Market Infrastructure Regulation, EMIR) thematisiert.

Das Factoring, d. h. der Verkauf von Forderungen aus Lieferung und Leistung, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem gefragten Finanzierungsinstrument entwickelt und steht im Mittelpunkt des Teils VI Factoring und Verbriefung. Nach einem Überblick über die Funktionen und Arten dieser Finanzierungsform werden insbesondere die Forfaitierung, der Verkauf im Rahmen einer Verbriefungstransaktion sowie spezielle Fragen zur Kollision mit verlängertem Eigentumsvorbehalt und zum Verkauf ausländischer Forderungen behandelt. Des Weiteren werden einschlägige Problemstellungen des Insolvenz- und Aufsichtsrechts sowie bilanz- und steuerrechtliche Themen referiert.

Der abschließende Teil VII Finanzierung mittelständischer Unternehmen durch Private Equity setzt sich mit den vielfältigen Formen einer zeitlich begrenzten Beteiligung eines Investors am Eigenkapital nicht börsennotierter Unternehmen mit dem Ziel, den Wert dieser Beteiligung zu steigern, auseinander. Danach stehen die Besonderheiten einer Private Equity-Transaktion sowie die Vor- und Nachteile, welche eine Private Equity-Finanzierung mittelständischen Unternehmen bietet, im Vordergrund.

Bei dem Herausgeber und dem Autorenteam handelt es sich durchweg um erfahrene Praktiker, welche als Partner bzw. Associate ganz überwiegend aus dem Kreis der renommierten Rechtsanwaltsgesellschaft Hogan Lovells International LLP, eine der führenden internationalen Anwaltssozietäten, die Mandanten weltweit in allen Bereichen des Wirtschaftsrechts vertritt, stammen. Zielgruppen dieses Buches sind Geschäftsführer und Finanz-Manager in mittelständischen Unternehmen, Rechtsanwälte, Steuer-, Finanz- und Unternehmensberater sowie Studierende der Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt Kapitalmarktrecht bzw. Studierende der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Banking & Finance. Dieser Adressatenkreis erhält mit dem vorliegenden Buch einen kompakten, fundierten und aktuellen Überblick über die Finanzierungsstrategien mittelständischer Unternehmen.


von Bernd W. Müller-Hedrich - 21. Juni 2014
Finanzierungsstrategien im Mittelstand
Michael Schlitt (Hrsg.)
Finanzierungsstrategien im Mittelstand

Springer Gabler 2014
228 Seiten, broschiert
EAN 978-3658000387