https://www.rezensionen.ch/anna-fucking-molnar/B07BWXKT6V/

Sabine Derflinger: Anna Fucking Molnar

Schnitzlers Reigen für Cougars

Schauspielerin Anna Molnar (Nina Proll) ertappt vor der Premiere ihres vermeintlich großen Durchbruchs, Schnitzlers Reigen im altehrwürdigen Josefstadt-Theater, ihren Lebensabschnittspartner und Regisseur, Laszlo, wie er es mit einer anderen Frau in der Theatergarderobe treibt. Die Premiere schmeißt sie daraufhin hin, da sie sich so sehr betrinkt, dass sie auf der Bühne - die Bretter, die die Welt bedeuten - liegen bleibt. Vorerst ist damit nicht nur ihre Beziehung, sondern auch ihre Theater-Karriere im Eimer. Aber als sie den Feuerwehrmann Christian (Murathan Muslu) kennenlernt, schöpft sie wieder Hoffnung, dass es auch sie in diesem Leben wenigstens noch zu gutem Sex bringt, denn Christian modelt für den alljährlichen Feuerwehrmänner-kalender. Ein echter Leckerbissen also. Für eine Cougar wie Anna.

Feuerwehrmann ohne Klamotten

"Anna Fucking Molnar" verballhornt männlichen Sexismus, indem dieser einfach 1:1 von Frauen abgepaust wird. So steht natürlich nicht nur Anna auf den muskulösen - und etwas einfach gestrickten - Feuerwehrmann, sondern seine Ex-Frau Monika will auch immer noch mehr von seinem Testosteron, obwohl sie in Trennung leben und sich ihr gemeinsames Kind zur Erziehung teilen. Als Brandschutzbeauftragter muss Christian Anna aber ins Krankenhaus bringen, wo Anna auf den etwas merkwürdigen Arzt Dr. Martin (Rober Palfreder, besser bekannt als "Der Kaiser") trifft. Von Laszlo vor die Tür gesetzt, muss sie dann aber wieder bei ihrem sexsüchtigen Vater einziehen, der seine Frau Barbara betrügt und eine Hodenoperation vor sich hat. Bis es dann endlich zwischen Anna und Christian klappt, erwartet den Zuseher eine Menge Slapstick- und Situationskomik, die an die alten Zeiten der sog. "Klamotte" erinnern, ein Genre, das schon vor 100 Jahren für bodenständige Unterhaltung sorgte.

Testosteron für Cougars

In diesem Zusammenhang wird auch oft von Schwank und Klamauk gesprochen, zwei Begriffe, die wahrscheinlich aus der Gaunersprache des 19. Jahrhunderts stammen und derer sich wohl schon Schnitzler bedient hatte. Zu diesem Genre fügt "Anna Fucking Molnar" die Sexismusdebatte hinzu, der man sich auch zur Bewerbung des Films bediente, wie Nina Proll wegen ihrer Beteiligung an der #MeToo-Debatte gerne vorgeworfen wurde. Aber natürlich stellt der Film auch die Frage, warum sich Frauen nicht genauso reduktiv und sexistisch dem männlichen Geschlecht annähern sollen, wie Männer das gegenüber Frauen leider sehr oft tun. Denn, dass der Christian aus dem Film rein auf seine Muskeln und sein Testosteron reduziert wird - obwohl er nicht einmal einen hoch kriegt - entspricht wohl auch der weiblichen Erfahrung mit Macho-Männern, die den Mund sehr voll nehmen, aber ihre Leistung genau dort nicht bringen können, wo sie gefragt ist. Dass auch Männer Gefühle haben, dürfte sich inzwischen aber ohnehin rumgesprochen haben.

Wie in Schnitzers Reigen (der mise en abyme von "Anna Fucking Molnar") ist auch der vorliegende Film von Sabine Derflinger in einer deftig-derben Sprache gehalten, aber ohne FSK Altersbeschränkung. Ein lustvolles Vergnügen für Menschen, die gerne auch mal über sich selbst lachen können.


von Juergen Weber - 06. Juni 2018
Anna Fucking Molnar
Sabine Derflinger (Regie)
Anna Fucking Molnar

Hoanzl 2018
Laufzeit: 100 Minuten
EAN 9120026072902
Beim Verlag anzeigen